
Zitat von
Dare2Win
Das ist eben die Beliebigkeit, die Scharlatanerie in der Kampfkunst Tür und Tor öffnet.
Ein guter Kämpfer ist, wer ein guter Sportkämpfer ist, und wer sich in realistischen Situation gut durchsetzen kann.
Sportkämpfer sind nicht notwendigerweise gute (Straßen-)Kämpfer und umgekehrt. Nicht selten geht nur das eine oder andere.
Aber: Ein System muss beweisen können, dass es reihenweise gute Kämpfer hervorbringt, vor denen andere Systeme/Stile zumindest Respekt haben.
Die Kämpfer dieses Systems müssen nicht immer gewinnen. Denn niemand kann das.
Aber die anderen müssen wissen, dass sie selbst Schaden nehmen, wenn sie sich mit denen anlegen. Dann ist der Sinn erfüllt.
Ist das nicht der Fall, haben wir es mit Rednern und Scharlatanen zu tun.
Die Gracies haben das in ihrer "In Action"-Videoreihe schon in den 90ern sehr eindrucksvoll demonstriert.
Alles andere als so eine Art Realismus ist Träumerei. Das sei gestattet, genauso wie Liebhaberei. Hat aber eben nichts mit realem Kämpfen zu tun.
Ich fange mal von hinten an.
Von Träumerei kann man nur sprechen, wenn jemand sich überschätzt. Wer aus Leidenschaft eine KK betreibt, weil er sich damit für sich gut und kompetent fühlt, macht sich im Regelfall keine Gedanken darüber, wen er in einem wie auch immer gearteten Vergleichsfall besiegen würde oder nicht. Im besten Fall ist er gegenüber jedem anderen KKler respektvoll und auf Augenhöhe.
Die Gracies warben damit, n einer speziellen Wettkampfform für eine gewisse Zeitspanne Methoden erfolgreich angewendet haben, auf die die meisten anderen Kämpfer nicht vorbereitet waren. Das hat dementsprechend auch nur n diesem Kontext Gültigkeit.
Recht gebe ich dir mit dem Respekt davor, von dem Gegenüber Schaden nehmen zu können. Wie soll das funktionieren, wenn man den Anderen überhaupt nicht kennt, weil er eine zufällige Person ist, mit der es zum Kampf kommt? Gar nicht. Grundsätzlich muss man immer davon ausgehen, ggf sogar erheblichen Schaden einstecken zu müssen und sich entsprechend verhalten.
Rest:
Dass du Sportkämpfe primär im Blick hast, liest sich aus deinem ganzen Text heraus. Wie anders eine Situation ist, bei der man
- nicht weiß, ob und was als nächstes passiert
- was der andere kann
- welche Motivation der andere hat und womöglich vollständig rücksichtslos und selbstgefährdend agiert, ob er psychisch krank ist (was man selten bis gar nicht trainiert)
- wo es passiert
- wie es dir selbst gerade geht, wenn es passiert (statt punktgenaue Vorbereitung im Sport)
- ob und welche Hinterhälte, Waffen im Spiel sind
ist dir womöglich bei der Argumentation nicht voll bewusst.
Um was gehts denn überhaupt bei KK?
Da spreche ich für mich alleine: Es geht um Persönlichkeitsentwicklung, stetiges Weiterlernen und das Verfolgen persönlicher Ziele, auch langfristig. Es geht darum Erfahrungen zu sammeln, Fehler zu machen, Irrwege zu gehen und daraus zu lernen.
Worum geht es nicht: In einem möglichst kurzen Zeitraum zu beweisen, dass ich immer mehr Menschen in einer kontrollierten Situation aufs Kreuz legen kann, bis ich irgendwann aus Altersgründen nicht mehr mithalten kann.
Es geht nicht darum, stolz sagen zu können, dass ich die beste KK betreibe und bereit bin, es jedem zu beweisen, der mich herausfordert. Das käme dem Verhalten gleich, das Jugendliche haben, wenn sie die beste, unschlagbarste Pokemonkarte besitzen und sich damit überlegen fühlen.
Zurück zum Kämpfen:
Ich halte denjenigen für einen guten Kämpfer, der es schafft, mit Niederlagen zurechtzukommen und aus diesen Kraft zieht, weiter zu machen. Jemand, dessen Wille unbeugsam ist. Jemand, der niemals andere mutwillig dominieren möchte, um sein Ego, das sich offenbar noch nicht ganz sicher ist, zu stärken.
Solche Persönlichkeiten inspirieren mich, meist sind sie unauffällig, manchmal fallen sie auf. Auch im Sportbereich natürlich. Ein guter Kämpfer ist für mich nicht zwingend derjenige, der einen Sieg nach dem anderen raushaut, sondern derjenige, der - egal was passiert- weiter macht und an sich arbeitet. Der nach der größten Niederlage erst recht nicht aufgibt und damit ein weit besseres Vorbild abgibt, als ein kurzfristiger Champion, der von nächsten kurzfristigen Champion abgelöst wird und im Nichts verschwindet.
Mich interessiert also der KK- Stil überhaupt nicht, sondern die Persönlichkeiten dahinter. Möchte ich etwas von Ihnen lernen, was mich persönlich weiterbringt, dann frage ich, ob ich das darf.
Merke ich - und damit sind wir wieder beim Thema- dass derjenige in erster Linie sein Geschäft im Blick hat und dabei seine positiven Eigenschaften verliert, beginnt sich zu widersprechen oder andere für sein Ego benötigt, dann nimmt der Wille, von so jemand zu lernen stark ab.
Zu den Personen GE empfand ich als einen absoluten Enthusiasten und mega kompetenten Lehrer, dem ich viel Kampfstärke zutraue, ebenso wie seine Schüler die ich erlebt habe. Ich lerne deshalb nicht weiter von ihm, da ich schon länger begonnen habe, keine Systeme zu lernen, sondern nur noch Zusammenhänge und Gemeinsamkeiten erforsche und in mein privates Repertoire integriere. Dazu kommt, dass mir das Lernsystem zu spezifisch ist und für mich zu aufwändig, selbst wenn ich den Rappel bekäme und sein VT "komplett" lernen wollen würde. Sergio kenne ich nicht, würde ihn auch aufgrund seiner Ausstrahlung nie kennenlernen wollen.
Die entsprechenden Marktkämpfe betrachte ich mit wenig Interesse, da meine jetzige KK-Lebens-/Lernphase dem historischen Fechten gewidmet ist.
Befreie Dich von Konkurrenz-Denken. Du bist hier, um zu erschaffen, nicht zum Wetteifern um das, was bereits erschaffen ist. Du musst ein Schöpfer werden, nicht ein Konkurrent.