Hallo Giles!
Schön von dir zu lesen. Wir hatten uns ja vor ca. 23 Jahren O_o auf einer Art TaiChi Kongress kennengelernt und dort äußerst angenehm frei und auch spaßig (Schwert) miteinander geübt. Ich muss sagen, dass ich sehr selten solch ein konstruktives freies "Crosstraining" erlebt habe. (Lach: Inzwischen habe ich ebenfalls intensiv getanzt, was damals auch zur Sprache kam.)
Zum Beitrag:
Das mit der "Selbsterhöhung" hört sich negativ an. So als solle man das sein lassen (?) Ich stelle mal in den Raum, dass jedes Angehen von etwas Neuem, was man noch nicht kann oder kennt, grundsätzlich eine Form der Selbstüberschätzung voraussetzt. Kinder lernen ausschließlich dadurch, dass sie sich Dinge zutrauen, sie ausprobieren, scheitern, aber sich weiter "überschätzen", bis sie es können. Etc.
Ich glaube, was du meinst, ist das Sich über andere erhöhen (?) Also das was man tut stets mit anderen vergleicht und erst zufrieden ist, wenn man in egal was besser ist als andere (?)
Das ist natürlich etwas anderes.
Dieses Phänomen ist natürlich. So lernen Kleinkinder durch Imitation von Eltern und anderen Vorbildern, jede Geste, der ganze Sprachcharakter, Haltung, sogar der Gang ... ABER nur bis zu einem Schwellenalter! Dann beginnt die Phase der Opposition und es wird nahezu das Gegenteil gelebt, um sich danach mehr oder weniger selbst irgendwo zwischendrin einzuordnen.Meiner Erfahrung nach, färbt einiges ab, im Laufe der Zeit. Oft eher unbewusst, aber nicht weniger stark. Um von jemandem längerfristig etwas wie eine Kampfkunst zu lernen, und vor allem wenn das etwas 'Umprogrammieren' vom Körper und Geist bedeutet, muss man sich auf den Lehrer stark einlassen, ihm Vertrauen schenken, um 'die Kunst' in sich aufzunehmen. Es ist schon möglich, trotzdem eine gut positionierte 'Firewall' in sich zu bewahren und dadurch wirklich nur die fachlichen Sache aufzunehmen. Aber in der Praxis verdammt schwierig. Ich kann's jedenfalls auf Dauer nicht, obwohl ich in meiner Persönlichkeit einigermaßen gefestigt bin. Und außerdem möchte ich es auch nicht, selbst wenn ich es sehr sauber könnte. Persönliche Qualitäten sind mir zu wichtig.
-- Und natürlich nobody's perfect, alle haben ihre Macken, können zwischendurch sauer aufstoßen, darum geht es nicht. Ich rede hier von den größeren bzw. tiefergehenden Sachen.
Bei mir ist das so, dass ich erstmal nur dann von jemand etwas lernen kann, vor dem ich eine gewisse Achtung habe. Dazu gehört, dass ich ihn so nehme wie er ist und ihn grundsätzlich nicht infrage stelle. (Beginnend bei Lehrern, Dozenten, Meistern, dem Nachbarn, engere Angehörige etc.) Und immer haben solche Menschen/ Vorbilder Eigenschaften, die nicht zu einem passen und die man, wie immer bei menschlichen Beziehungen handeln muss. Ob das nun Hang zu Depression ist, Aufgedrehtheit, völlige Introversion, Überheblichkeit, was auch immer .... Solange man den Menschen dennoch im Ganzen achtet, kann man von ihm das lernen, was man in ihm als Vorbild sieht. Das können auch mehrere Eigenschaften kombiniert sein.
So kann, um bei Kampfkunst mal zu bleiben (aber austauschbar) einerseits körperliche Skills und totale Gelassenheit etwas sein, was man in sich aufnimmt, weil man es braucht, während man z.B. den Hang zu dreckigen Witzen oder total konservative Einstellungen bei dem gleichen Menschen toleriert, aber eben NICHT annimmt. zur Kenntnis nimmt vielleicht, reflektiert und voll drüber steht.
Ich bin sowieso der Ansicht, dass "Schüler sein" eine nicht mindere Kunst ist als "Lehrer sein". Das wird meines Erachtens völlig vergessen und auch nicht wirklich "gelehrt" bzw. erwähnt. Es wird stets von der Verantwortung des Lehrers gesprochen. (Die er absolut hat) Das ist aber keine Einbahnstraße. Achtung und Respekt und auch die Fähigkeit des Nachsehens von Fehlern muss von beiden Seiten kommen. DANN wird das eine extrem geniale Kooperation und der Lern- und damit auch Lehrerfolg wird so richtig ausgeschöpft.
Und da muss der Lehrer auch nicht in Vorlage gehen sondern das muss von Anfang an von beiden aufeinander passieren.
Heißt: Ich interessiere mich für etwas von jemand. -> Ich gehe aktiv auf ihn zu, sofern ich mich eingeladen fühle, also ein Angebot im Raum steht. Dann frage ich höflich und respektvoll. Kommt dann eine ebenso respektvolle positive Reaktion, kann es losgehen.
Umgekehrt: Jemand fragt mich respektvoll, ich reagiere und bin an der Person interessiert und freue mich, dass sie Vertrauen mitbringt. Dann kann es losgehen.
Liebe Grüße