Seite 37 von 40 ErsteErste ... 273536373839 ... LetzteLetzte
Zeige Ergebnis 541 bis 555 von 600

Thema: Jugendgewalt leider mal wieder

  1. #541
    Registrierungsdatum
    13.06.2014
    Beiträge
    4.447

    Standard

    Zitat Zitat von Dorschbert Beitrag anzeigen
    Wie gesagt: Als sozialwissenschaftlich (aus)gebildeter Mensch sind mir da viele Theorien und Erklärungen geläufig. Die erklären aber halt ggf. so ein Verhalten lediglich, sie entschuldigen es nicht.
    Deswegen plädiere ich ja auch dafür, dass man die Erklärungen und somit die Ursachenbekämpüfung von der Sanktion trennt. Als solcher sollt Dir aber auch bewusst sein, dass eine solche Aussage totaler Quatsch ist:
    Sehen irgendwie auch so ziemlich alle Gesellschaften dieser Welt so, bis auf Deutschland und ein paar andere zur Selbstverleugnung bzw. -aufgabe neigende Geisterfahrer.
    So ziemlich alle Wohlstandsgesellschaften haben damit zu kämpfen. Für den Rest stellt sich das Problem logischerweise nicht.

    Tja, nur haben halt nicht wir als Aufnahmegesellschaft den Gepflogenheiten der Zuwanderer anzupassen sondern umgekehrt. So läuft das Spiel.
    Und das ist ein astreiner Strohmann. Wer sieht das denn nicht so? Mal abgesehen, dass wir ja auch ganz gerne mal Döner oder Falafel essen?

    erwarte ich von denen eine Kriminalitätsrate von quasi Null.
    Das lässt mich ehrlich gesagt, stark an der Qualität wenn nicht an dem Vorhandensein deiner nun hinreichend betonten sozialwissenschaftlichen Ausbildung zweifeln.
    „Grau teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum.“

  2. #542
    Registrierungsdatum
    11.08.2018
    Beiträge
    1.279

    Standard

    "Erwarten" ist hier offensichtlich nicht im Sinne von "prognostizieren" gemeint sondern im Sinne von "einen Anspruch stellen". Was der Anspruch an Hilfeempfänger im Gegenzug zu erhaltener Hilfeleistung, den Helfenden nicht noch mutwillig zu schaden, mit einer etwaigen Ausbildung zu tun hat, ist mir nicht klar. Für mich gehört das zu den Grundregeln eines vernünftigen Miteinanders.

  3. #543
    Registrierungsdatum
    08.09.2019
    Beiträge
    3.583

    Standard

    Zitat Zitat von Pflöte Beitrag anzeigen


    Das ist doch der Punkt und nicht die Herkunft (die in diesem Fall halt zwangsweise außerhalb Deutschlands liegt, das war es aber auch schon), der kulturelle Hintergrund, die Hautfarbe, die Sprache, die Kleidung, die Gene oder sonstewas.

    Wenn Du nicht auf die herkunft abstellst, ist es für mich ok.

  4. #544
    Registrierungsdatum
    08.09.2019
    Beiträge
    3.583

    Standard

    Zitat Zitat von Dorschbert Beitrag anzeigen
    Tja, nur haben halt nicht wir als Aufnahmegesellschaft den Gepflogenheiten der Zuwanderer anzupassen sondern umgekehrt. ..,

    Sorry, aber damit stellst Du schon wieder auf die herkunft ab.

    Integration funktioniert imo einfach anders.

  5. #545
    Registrierungsdatum
    23.03.2004
    Ort
    Rhein-Main Gebiet
    Alter
    46
    Beiträge
    14.802

    Standard

    Zitat Zitat von Pflöte Beitrag anzeigen
    "Erwarten" ist hier offensichtlich nicht im Sinne von "prognostizieren" gemeint sondern im Sinne von "einen Anspruch stellen". Was der Anspruch an Hilfeempfänger im Gegenzug zu erhaltener Hilfeleistung, den Helfenden nicht noch mutwillig zu schaden, mit einer etwaigen Ausbildung zu tun hat, ist mir nicht klar. Für mich gehört das zu den Grundregeln eines vernünftigen Miteinanders.
    Nun ich stelle den Anspruch an jedes Mitglied einer Gesellschaft. Auch von Deutschen erwarte ich ein den Gesetzen und "Grundregeln eines vernünftigen Miteinanders" entsprechendes Verhalten.

    Das ist eigentlich selbstverständlich und nicht der Punkt von Katamaus.

  6. #546
    Registrierungsdatum
    11.08.2018
    Beiträge
    1.279

    Standard

    Dazu muss ich dann wohl noch sagen, dass es für mich moralisch gerechtfertigt ist, die Hilfeleistung eben auch zu entziehen, sollte sich ein Hilfeempfänger nicht an diese Grundregel halten.

    Was ist denn der Punkt von Katamaus?

  7. #547
    Registrierungsdatum
    11.08.2018
    Beiträge
    1.279

    Standard

    Eins noch:

    Jeder erklärt hier, er habe "selbstverständlich" Ansprüche an seine Mitmenschen, wolle Schwerkriminelle wirksam sanktioniert und im Falle des Falles ausgewiesen haben. Trotzdem leben wir in einer Gesellschaft, in der es diese Ansprüche nicht gibt - bzw. sie nicht wirksam zum Ausdruck gebracht , nicht durchgesetzt werden.

    Für mich ist das so:

    Gerade weil ich diese Ansprüche habe, gerade weil ich sie "selbstverständlich" habe, gerade weil ich denke, dass ich damit nicht allein dastehe - ganz im Gegenteil, regt es mich auf, dass diese Selbstverständlichkeiten in der Realität offensichtlich ganz und gar nicht selbstverständlich sind. Was ist denn von dem Typen mit den hunderten Straftaten oder besser von unserer Reaktion auf ihn zu halten? Offensichtlich setzen sich doch zur Zeit gesellschaftlich diejenigen durch, die der Meinung sind, dass man da nichts weiter tun müsste und nicht diejenigen, die sich daran stören.

    Für mich hätte dieser Typ längst aus unserer Gesellschaft entfernt werden müssen und diese Meinung werde ich jedesmal äußern, wenn sie denn passt. Genauso werde ich mich dergestalt äußern, dass ich Leute, die sich an solchen Figuren nicht stören oder diesbezüglich nur Lippenbekenntnisse abgeben ("Jaja, der ist "selbstverständlich" doof, aber da kann/darf man nichts machen. Andere sind schließlich auch doof.") extrem Ka**e finde.
    Geändert von Pflöte (Heute um 09:00 Uhr)

  8. #548
    Registrierungsdatum
    23.03.2004
    Ort
    Rhein-Main Gebiet
    Alter
    46
    Beiträge
    14.802

    Standard

    Zitat Zitat von Pflöte Beitrag anzeigen
    Dazu muss ich dann wohl noch sagen, dass es für mich moralisch gerechtfertigt ist, die Hilfeleistung eben auch zu entziehen, sollte sich ein Hilfeempfänger nicht an diese Grundregel halten.

    Was ist denn der Punkt von Katamaus?
    Dass eine "Kriminalitätsrate gegen Null" unrealistisch ist und jemand mit entsprechendem Studienbackground das eigentlich besser wissen sollte.

  9. #549
    Registrierungsdatum
    11.08.2018
    Beiträge
    1.279

    Standard

    Das ist sogar gesunder Menschenverstand, da braucht man keinen spezifischen Studienbackground für. Entsprechend sollte man die Aussage lesen, also dass es ihm klar ist und nicht auf blöd auf der Formulierung herumhacken.

  10. #550
    Registrierungsdatum
    23.03.2004
    Ort
    Rhein-Main Gebiet
    Alter
    46
    Beiträge
    14.802

    Standard

    Zitat Zitat von Pflöte Beitrag anzeigen
    Das ist sogar gesunder Menschenverstand, da braucht man keinen spezifischen Studienbackground für. Entsprechend sollte man die Aussage lesen, also dass es ihm klar ist und nicht auf blöd auf der Formulierung herumhacken.
    Ja tut mir Leid dass es hier Leute gibt, denen diese Aussagen in der Tat zu blöd und pauschal sind. Ich erwarte null Kriminalität und gegen null Verkehrsunfälle, wenn sich alle an die Regeln halten. Von allen. Müsste man also gar nicht hier erwähnen.

  11. #551
    Registrierungsdatum
    23.03.2004
    Ort
    Rhein-Main Gebiet
    Alter
    46
    Beiträge
    14.802

    Standard

    Übrigens sehr interessant, man bekommt unten ja vom KKB immer andere Threads vorgeschlagen und hier gab es 2006, also schon vor fast 20 Jahren, ausufernde Diskussionen zum Thema Jugendgewalt, Ethnie, usw. inkl. Verschiebungen in den Politikteil. Also alles beim Alten

    Jedenfalls habe ich einen Beitrag des gelöschten Users "Christoph" von 31.10.2006 gefunden, der aus einer Studie "Junge Türken als Täter und Opfer von Gewalt" zitiert. Werde den Beitrag mal komplett kopieren, der kursive Text ist von Christoph und die Quotes sind aus der Studie.

    Zunächst die Quelle (aus dem Jahr 2000):

    https://kfn.de/wp-content/uploads/Fo...chte/FB_81.pdf

    Beitrag von Christoph:

    Um die Studie nicht verzerrt darzustellen muss man allerdings auch folgendes berücksichtigen:

    Abbildung 2: Sozioökonomische Lebenslage Jugendlicher nach ethnischer Herkunft


    Die Folgerung lautet: Je besser die soziale Integration der jungen Türken und ihrer Familien gelingt, umso niedriger müsste ihre Gewaltrate ausfallen. Genau das bestätigen unsere Daten. Den jungen Türken geht es danach am besten in München, am schlechtesten in Hamburg und Schwäbisch Gmünd. Während in München beispielsweise nur 8,1 % der Eltern türkischer Jugendlicher arbeitslos sind oder von Sozialhilfe leben, sind es in Schwäbisch Gmünd 20,4 % und in Hamburg 24 %. In München besuchen immerhin 15,1 % der jungen Türken das Gymnasium, in Hamburg 8,4 % und in Schwäbisch Gmünd gar nur 4,1 %. Es überrascht nicht, dass sich im Vergleich der Städte zur selbst berichteten Täterrate der jungen Türken erhebliche Unterschiede zeigen. Die höchste Quote erreicht hier Schwäbisch Gmünd mit 40,9 %. In Hamburg sind es 33,1 %, in München dagegen nur 24,1 %. Damit ergibt sich zwar auch in München für die jungen Türken noch eine deutlich höhere Quote als für die gleichaltrigen Deutschen (17,9 %), der Abstand fällt hier aber weit geringer aus als in den anderen Städten.

    Für das Hineinwachsen der jungen Migranten in unsere Gesellschaft hat möglicherweise auch Bedeutung, in welchem Ausmaß sich diese in ihrer Umwelt akzeptiert sehen. Wir haben deshalb Fragen dazu gestellt, ob die ausländischen Jugendlichen sich von gleichaltrigen Deutschen abgelehnt fühlen und welches Ausmaß die Fremdenfeindlichkeit unter den deutschen Schülern erreicht. Die regionalen Unterschiede sind hier nicht so klar ausgeprägt wie bei den sozialen Faktoren. Eines zeichnet sich jedoch deutlich ab. Die Stadt Schwäbisch Gmünd liegt beide Male in der Spitzengruppe und auch für Hamburg ergibt sich insgesamt betrachtet kein günstiges Bild. München dagegen fällt durch die niedrigste Rate von jungen Ausländern auf, die sich wegen ihrer Nationalität abgelehnt fühlen. Die oben dargestellten regionalen Unterschiede der Gewaltrate junger Migranten hängen also offenbar auch mit dem Grad der Akzeptanz zusammen, die sie in ihrer Umwelt erfahren.
    allerdings

    Die bisher dargestellten Erkenntnisse könnten zu der Annahme verleiten, wir hätten damit bereits ausreichende Antworten auf die eingangs gestellten Fragen gefunden. Dann aber dürften sich im Vergleich der Gewaltraten der Jugendlichen, die sozial relativ privilegiert aufwachsen, nur geringe Unterschiede zeigen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zwar verringert sich der Abstand etwas. Aber immer noch dominieren die jungen Türken mit einer im Vergleich zu den Deutschen etwa doppelt so hohen Rate (22,9 % zu 11,1 %). Es folgen die Jugendlichen aus dem früheren Jugoslawien mit deutlichem Abstand vor den anderen ethnischen Gruppen. Es muss also noch andere Belastungsfaktoren geben, die besonders bei türkischen Jugendlichen zum Tragen kommen. Die Sozialisationsforschung weist hier den Weg. Sie hat schon seit Jahrzehnten Befunde dazu vorgelegt, dass die Erfahrung innerfamiliärer Gewalt prägenden Einfluss auf das Verhalten von jungen Menschen hat. Die 16.000 Jugendlichen haben wir deshalb auch dazu gefragt, ob sie in ihrer Kindheit oder im letzten Jahr Opfer von massiver körperlicher Gewalt ihrer Eltern geworden waren und ob sie ferner im Laufe der letzten zwölf Monate beobachtet haben, dass die Eltern sich untereinander geschlagen hatten.
    ...
    Etwas anderes gilt allerdings für männliche türkische Jugendliche. Wenn man auch bei ihnen die sozialen Faktoren kontrolliert, verringert sich im Vergleich zu den Deutschen zwar der Abstand in der Gewaltrate. Es bleibt aber dabei, dass männliche türkische Jugendliche mehr als doppelt so oft Mehrfachtäter von Gewalt sind wie Deutsche. Wir deuten das so: Ein beachtlicher Teil von ihnen ist stark durch ein traditionelles Männlichkeitskonzept geprägt, das sie in ihrer familiären und kulturellen Sozialisation erlernen und das ihre Gewaltbereitschaft deutlich erhöht. Die Forschungsergebnisse sehen wir damit als Ausdruck eines Kulturkonfliktes, der sich insbesondere für solche türkischen Familien ergibt, die sich nach der Einwanderung in Deutschland stark an diesen traditionellen Rollenmustern für Männer und Frauen orientieren. Dort wird die Vorherrschaft des Vaters, der den Gehorsam der Familienmitglieder notfalls mit Gewalt einfordern darf, zum Ausgangspunkt dafür, dass die Söhne in ihrer neuen Heimat in massive Gewaltkonflikte geraten.

    Diese These wird durch einen weiteren Forschungsbefund gestützt, der auf den ersten Blick überrascht. Je länger die Aufenthaltsdauer der türkischen Jugendlichen in Deutschland ist, umso häufiger haben sie im letzten Jahr vor der Befragung Gewalttaten begangen. Am höchsten fällt die Gewaltrate bei denen aus, die in Deutschland geboren sind. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den anderen ethnischen Gruppen. Aus unserer Sicht bieten sich hierfür zwei Erklärungen an. Zum einen sind junge Einwanderer in den ersten Jahren nach ihrer Ankunft offenbar noch gewillt, Nachteile in Kauf zu nehmen. Je länger sie nun in Deutschland leben, umso mehr entstehen in ihren Köpfen deutsche Ansprüche, denen häufig keine deutschen Chancen gegenüberstehen. Diese Enttäuschung und die frustrierende Erfahrung, dass Wünsche und Realisierungsmöglichkeiten weit auseinanderklaffen, wird von manchen mit Gewalttaten beantwortet.

    Zum anderen ist aber auch zu beachten, dass nach unseren Daten sowohl die Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen als auch die Häufigkeit von gewalttätigen Auseinandersetzungen unter den Eltern steigen, je länger die Migranten in Deutschland leben. Wir interpretieren dies als Ausdruck davon, dass traditionell strukturierte türkische Familien in den ersten Jahren nach ihrer Ankunft in Deutschland noch einen starken Zusammenhalt haben. Die Dominanz des Vaters scheint hier noch ungebrochen. Mit wachsender Aufenthaltsdauer treten dann aber offenbar Probleme auf. Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Da will sich der Sohn in seiner Lebensführung nicht mehr strikt an die Traditionen des Herkunftslandes halten. Die Tochter möchte sich wie ihre deutsche Schulkameradinnen schminken, kleiden und in die Disko gehen oder verliebt sich gar in einen Deutschen. Und manche Mütter stellen sich bei derartigen Streitfragen auf einmal auf die Seite der Kinder. Beachtung verdient ferner, dass die Kinder die deutsche Sprache erheblich schneller erlernen als ihre Eltern und sich auch deswegen nach einigen Jahren in der neuen Welt besser zurechtfinden. In hierarchisch strukturierten Familien können auch daraus Spannungen erwachsen, wenn insbesondere der Vater sich damit schwer tut, dass die Kinder vieles besser wissen als er und ihm nach einiger Zeit insoweit an sozialer Kompetenz überlegen sind. Und schließlich spielt möglicherweise eine gewichtige Rolle, dass nach unseren Daten türkische Familien die mit Abstand niedrigste Scheidungsrate aufweisen (7 %). Offenkundig führen hier selbst lang anhaltende und massive Konflikte zwischen den Eltern nur höchst selten zur Trennung mit der Folge, dass das Risiko der innerfamiliären Gewalt auch dadurch bedingt im Laufe der Zeit ansteigt.
    ...
    * Der Befund, dass schlagende Väter zu einem problematischen Vorbild für ihre Söhne werden, ist klar belegt. Ebenso wichtig ist für die Debatte allerdings die empirisch genauso abgesicherte Erkenntnis, dass Mädchen durch das Erleiden und Beobachten von innerfamiliärer Gewalt die Opferrolle lernen. Eine Frau, die als Kind oder Jugendliche misshandelt worden ist und zusätzlich erlebt hat, dass die Mutter vom Vater massiv geschlagen wurde, hat ein zehnmal höheres Risiko, an einen gewalttätigen Partner zu geraten als eine Frau ohne derartig belastende Sozialisationserfahrungen.
    * Eltern, die ihre Kinder massiv schlagen, reduzieren damit erheblich deren soziale Kompetenz und ihre Erfolgschancen in Schule und Beruf. Gewalterfahrungen in der Familie wirken sich zum einen negativ auf das Selbstwertgefühl der Kinder aus. Sie führen zum anderen dazu, dass bei den Betroffenen die schulischen Leistungen deutlich sinken. Und schließlich verringern sie die Fähigkeit, bei Konflikten konstruktiv zu reagieren und das Verhalten anderer in derartigen Situationen richtig einzuschätzen.
    * Eine demokratische Gesellschaft braucht Bürger, die Zivilcourage haben und bereit sind, sich für andere einzusetzen. Auch diese Bürgertugenden haben ihre Sozialisationsgeschichte. Dies belegt beispielsweise eine Untersuchung zur Biographie von Menschen, die in der Nazizeit Juden gerettet haben (Oliner/Oliner: "The Altruistic Personality"). Sie zeigt eines deutlich: Gewaltfreie Erziehung fördert den aufrechten Gang. Mutige und sozial engagierte Menschen wachsen am besten in Familien, in denen die Eltern liebevoll und nicht schlagend mit ihren Kindern umgehen.



    Die bisherige Debatte, die wir dazu in Deutschland und in der Türkei geführt haben, hat uns allerdings eines deutlich gemacht. Selbst wenn es uns gelingen sollte, unter den Türken in Deutschland für diese Thesen engagierte Mitstreiter zu finden, wird das allein nicht ausreichen, eine Brücke der Verständigung zu denen herzustellen, die es angeht. Wir brauchen darüber hinaus eine Kultur der emotionalen Akzeptanz. Was damit gemeint ist, soll hier am Beispiel Schule gezeigt werden – einem Ort, an dem sich die verschiedenen ethnischen Gruppen intensiv begegnen. Es geht dabei um dieselbe Klasse, aus der der eingangs zitierte Schüler stammt.

    Angesichts der häufigen und teilweise auch aggressiv ausgetragenen Konflikte in dieser Klasse mit ihrem hohen Anteil türkischer Kinder hat sich die Klassenlehrerin im letzten Jahr zu einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen. Sie hat mit der gesamten Klasse eine türkische Moschee besucht und anschließend alle Teilnehmer dieses im Unterricht gut vorbereiteten Experimentes gebeten, darüber einen Aufsatz zu schreiben. Die deutschen Kinder waren offenkundig von der orientalischen Pracht der Moschee und der Offenheit, mit der sie dort aufgenommen wurden, sehr beeindruckt. Dazu einige Zitate: "Als ich in die Moschee reinging, dachte ich, ich wäre in einem Palast. Ich fühlte mich reich. Ich fühlte mich wie der König von Deutschland. Ich war vom Teppich richtig verzaubert." "Wir durften Fragen stellen. Die Antworten waren sehr interessant... und wir durften auch mit denen beten, das war sehr schön." "Die Moslems haben eine gute Religion, auch wenn sie anders ist."

    Die türkischen Kinder wiederum äußerten sich sehr erleichtert und stolz darüber, dass es den deutschen Schülerinnen und Schülern so gut gefallen hat: "Es war ein gutes Gefühl, den deutschen Kindern mal zu erklären, wie es in der Moschee ist und wie unsere Religion ist. Ich habe gehört, dass es ihnen auch sehr gut gefallen hat." "Ich dachte, dass die christlichen Kinder lachen oder etwas falsches machen. Da die es aber richtig und schön gemacht haben, habe ich tief Luft geholt vor Erleichterung. Denn ich wollte keinen schlechten Eindruck machen. ... Als eine Muslime war ich nach diesem guten Ereignis sehr stolz."

    Anschließend besuchte die Lehrerin türkische Eltern, deren Kinder Schwierigkeiten in der Schule hatten. Dabei wurde offenkundig, dass der Besuch in der Moschee die Gesprächsbereitschaft auf der türkischen Seite sehr erhöhte. Die Lehrerin wurde durchweg freundlich aufgenommen und hatte es nun leichter, Probleme offen anzusprechen.

    Am Beispiel dieser kleinen Geschichte wird exemplarisch deutlich, was geschehen muss, damit die Erkenntnisse des hier skizzierten Forschungsprojektes die angestrebten Veränderungen fördern können. Die nötige Debatte kann dann konstruktiv werden, wenn zunächst die türkische Seite das Gefühl hat, dass sie von den deutschen Gesprächspartnern in ihrer kulturellen Andersartigkeit akzeptiert wird. Wir Deutschen wiederum sollten nicht "die Türken" pauschal angreifen, sondern lediglich eine gemeinsame Debatte über bestimmte traditionelle Verhaltensmuster anstreben, die aus unserer Sicht die sozialen Chancen der jungen Türken in Deutschland gravierend mindern. Wenn dann noch ein engagiertes Bemühen hinzukommt, die eingangs beschriebenen sozialen Benachteiligungen der jungen Migranten abzubauen, bestehen gute Chancen dafür, dass sich die geschilderten Gewaltprobleme deutlich reduzieren.
    Ich halte diese Studie für ein hervorragendes Beispiel wie man seriöse Sozialforschung zu diesem Thema betreiben kann. Die Autoren setzen keine politisch korrekten Scheuklappen auf, und geben dennoch praktische Lösungsansätze an die Hand. Natürlich ist auch mit einer solchen Studie noch nicht das letzte Wort gesprochen aber das ist mal eine vernünftige Diskussionsgrundlage.
    Ich finde es sehr schade das derartige Erkenntnisse schon so lange bestehen aber angesichts der scheinbaren Gewalteskalation einfach zu wenig Konkretes zur Lösung passiert ist.

  12. #552
    Registrierungsdatum
    04.11.2017
    Beiträge
    5.320

    Standard

    Zitat Zitat von Dorschbert Beitrag anzeigen
    Naja, "Tagesspiegel" an sich als valide Quelle ist allerdings auch 'bisschen unorthodox (speziell im Kontext politisch aufgeladener Themen).
    Bitte Kontext beachten:
    Der Tagesspiegel-Artikel wurde von KunoichiGirl als Beleg für seine These angeführt:

    Zitat Zitat von Kunoichi Girl Beitrag anzeigen
    Sorry, aber es kommt auf das geschlecht an und gerade nicht auf die herkunft (männerproblem, forschung):

    Ich habe ihm dann eine Passage aus seiner eigen Quelle als Widerlegung seiner These gepostet.
    Die Aussage selbst stammt - wie von FireFlea schon dargestellt - von einem Soziologen namens Dietrich Oberwittler den Du ja zu kennen scheinst.
    Seine Aussage es sei "in der kriminologischen Forschung" sei das "ein robuster Befund" deute ich mal so, dass es dazu ausreichend Belege gibt, dass es einigermaßen Kontext ist.
    Bei Soziologen und Kriminologen habe ich grundsätzlich die Erwartung, dass deren Aussagen eher das linke Narrativ bedienen, daher finde ich das schon mal bemerkenswert.

    Den Tagesspiegelartikel selbst, der eigentlich ein ganz anderes Narrativ transportieren möchte (daher m.E. auch von KunoichiGirl zitiert wurde) zeigt m.E. die Problematik in der Debatte auf:

    Mehr Kriminalität durch Zuwanderung?: Forscher sehen Problem bei jungen Männern in Städten – nicht bei Ausländern
    [...]
    Kernaussage der Untersuchung ist: Zwischen Herkunft und Kriminalität gibt es keinen signifikanten Zusammenhang. Stattdessen sei die Kriminalitätsrate vor allem durch den Wohnort von Tätern sowie andere demografische Faktoren bestimmt.
    [...„Ich stimme voll mit den Kernaussagen der Studie überein, dass mehr Zuwanderung nicht mehr Kriminalität bedeutet“, sagte die Ökonomin Anna Bindler dem Tagesspiegel.

    Sie forscht seit Jahren über die wirtschaftlichen Folgen von Kriminalität und sagt: Kriminalität ist weitestgehend unabhängig vom Migrationshintergrund von Täterinnen und Tätern.

    Hier wird Kritik an einer ungesteuerten Einwanderungspolitik m.E. mit Rassismus verknüpft.
    Tatsächlich führt aber die ungesteuerte Einwanderungspolitik eben genau dazu, dass sich die Demoskopie verschiebt:
    Wenn hier vor allem junge Männer einwandern, gibt es hier mehr junge Männer.
    Und wenn hier vermehrt junge Männer mit niedrigem Bildungsniveau bzw. schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt einwandern, dann gibt es hier vermehrt junge Männer mit schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
    Wenn letzteres eher kriminell werden, dann ist das eine mittelbare Folge einer ungesteuerten Einwanderungspolitik.
    Das hat Boris Palmer schon 2016 gesagt:

    Kulturelle oder religiöse Aspekte sind irrelevant. Es geht um etwas, das sich ganz einfach aus dem Alltag nachvollziehen lässt: Junge Männer ohne Bindungen, die nichts zu verlieren und auch nichts zu befürchten haben, sind gefährlicher als andere Bevölkerungsgruppen. Das gilt unabhängig vom Kulturkreis

    https://www.welt.de/politik/deutschl...ssbraucht.html
    Don't armwrestle the chimp.

  13. #553
    Registrierungsdatum
    04.11.2017
    Beiträge
    5.320

    Standard

    Zitat Zitat von Dorschbert Beitrag anzeigen
    In der kriminologischen Forschung ist es ein robuster Befund, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund vor allem aus der Türkei oder muslimischen Ländern unter Kontrolle aller anderen Faktoren immer noch eine etwas höhere Neigung zu Gewalt haben.
    Und wenn der Bevölkerungsanteil dieser Gruppe steigt (bzw. wenn dies zusätzlich auf einmal vergleichsweise unkontrolliert/unkoordiniert und in erheblich beschleunigtem Maße geschieht), dürfte sich das dann anzunehmenderweise im Hinblick auf den Anstieg der genannten Gewaltkriminalität wie auswirken...?
    Da müsste man nun wissen, wie gut die anderen Faktoren tatsächlich kontrolliert wurden.
    Ich meine mich auch zu erinnern, dass für die Gewaltneigung von z.B. türkischen Jugendlichen laut einer Studie das Erleben häuslicher Gewalt ein wesentlicher Faktor ist.
    Und man müsste wissen, was "höhere Neigung zu Gewalt" genau meint.

    Oberwittler sagt auch:

    Allerdings sei die Kriminalitätsneigung sowohl der einheimisch-deutschen als auch der migrantischen Jugendlichen im Laufe der Zeit gesunken.
    Geändert von Pansapiens (Heute um 10:41 Uhr)
    Don't armwrestle the chimp.

  14. #554
    Registrierungsdatum
    23.03.2004
    Ort
    Rhein-Main Gebiet
    Alter
    46
    Beiträge
    14.802

    Standard

    Zitat Zitat von Pansapiens Beitrag anzeigen
    Ich meine mich auch zu erinnern, dass für die Gewaltneigung von z.B. türkischen Jugendlichen laut einer Studie das Erleben häuslicher Gewalt ein wesentlicher Faktor ist.
    Schau mal in meinen Beitrag 548, da steht genau das in Bezug zu türkischen Jungendlichen

  15. #555
    Registrierungsdatum
    04.11.2017
    Beiträge
    5.320

    Standard

    Zitat Zitat von FireFlea Beitrag anzeigen
    Schau mal in meinen Beitrag 548, da steht genau das in Bezug zu türkischen Jungendlichen
    ja, der stand da noch nicht da, als ich begann, meinen zu verfassen, bzw. ich hatte ihn noch nicht gelesen.
    Aber schön, dass Du dazu dann auch schon eine genauere Quelle geliefert hast.
    Don't armwrestle the chimp.

Seite 37 von 40 ErsteErste ... 273536373839 ... LetzteLetzte

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 6 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 6)

Ähnliche Themen

  1. Jushido ?! Jemand mal von gehört ? Leider nichts gefunden ..
    Von Dai-Mike im Forum Hybrid und SV-Kampfkünste
    Antworten: 2
    Letzter Beitrag: 07-12-2009, 09:19
  2. Jugendgewalt mal anders herum: das Oma Problem
    Von Vegeto im Forum Off-Topic Bereich
    Antworten: 9
    Letzter Beitrag: 16-01-2008, 11:35
  3. jugendgewalt
    Von 2050HH80 im Forum Off-Topic Bereich
    Antworten: 111
    Letzter Beitrag: 16-12-2007, 15:32
  4. jugendgewalt
    Von barnito im Forum Off-Topic Bereich
    Antworten: 12
    Letzter Beitrag: 09-06-2007, 17:20

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •