Wieso dieses pauschale und abwertende Urteil? Die Schule hat letztlich auch die Aufgabe, eigenen Stärken und Schwächen aufzuzeigen und die Richtung zu weisen, in die es später mal gehen kann.
Scheint bei dir doch geklappt zu haben, oder? Du hast früh gemerkt, dass mathematische Dinge nicht so deins sind, und entsprechend die Weichen gestellt. Und das scheinbar relativ erfolgreich, mit Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnissen usw. aus anderen Fächern, die dir mehr lagen. Hätte nun die Schule respektive deine Mathe- und Physiklehrer auf Biegen und Brechen versuchen sollen, aus dir 'nen Ingenieur zu machen? Deine Lehrer haben scheinbar deine anderen Talente erkannt, und dich mit einer "Gnaden 4" beim Abschlusszeugnis durchgewunken. So what?
Meine Schwächen wurden in der Tat aufgezeigt; aber nicht als pädagogischer Impetus. Die Richtung zu weisen hat "die Schule" nicht konzeptionell vorgesehen; das habe ich mir selbst "erarbeitet". Talente hat bei mir niemand erkannt. Mein damaliger Physik- und Mathelehrer hatte schlicht und ergreifend Mitleid und meinte, dass es bei jemanden wie mir gut wäre, wenn es etwas analog zu den "Marscherleichterungen" für die Legasthenie geben würde.
Davor habe ich - wie tausende vor mir - Jahre der Selbstdemütigung, des Gefühls der Dummheit und des ewigen Stresses, wenigstens etwas mitzuhalten, erlebt.
Diese Erfahrung teile ich, seit dem ich aus der Schule bin, mit nahezu jedem, der in Mathe nicht mitkam.
Die Lehrer selbst sind noch am wenigsten Schuld, auch wenn es da schon sehr spezifische gibt, die es nicht nachvollziehen können, dass man mit Mathematik Schwierigkeiten haben kann.
Ich habe in WGs mit Lehrerstudenten in Referendaren gelebt. War mit vier Lehrerinnen in Beziehungen, mit einer verheiratet und bei einem Bildungsträger Vorgesetzter von ca. 50 Lehrern, bin Vater von 4 Kindern und seit Jahren beruflich mit Kindern "befasst"
Mein Resümée:
- es werden nur sehr gute Schüler zu Lehrern (was mangelnde Empathie erklärt, wo sie denn fehlt)
- sie lernen zu wenig Didaktik-Methodik; je höher die Schulform, desto weniger.
- Entwicklungspsychologie und Pädagogik Fehlanzeige
- das Referendat ist dann "des Lehrers Vietnam": er ist dem Seminarleiter auf Gedeih und Verderben ausgeliefert und weiß genau, egal wie er das findet was er da abliefern soll, er hat sich dessen Ansicht unterzuordnen, sonst war es das mit der Jobchance. Krank allein schon, das nur die reinen Noten eine Rolle spielen und nicht die Skills im Umgang mit Schülern.
- So "gerüstet" kommt dann der Lehrer in die Schule und ist vielfach jetzt nicht mehr bereit "sich reinquatschen" zu lassen. Jetzt braucht er sich niemandem mehr zu beugen und macht alles so, wie er es für richtig hält.
- Dann kommt der Schulalltag, der mNn kein wirklich gutes Umfeld bietet. Weder für Schüler noch für Lehrer.
Mit dieser meiner Einstellung im Hinterkopf kamen dann vor 25 Jahren meine Söhne in die Schule und ich dachte, so kann das ja nicht mehr sein. Irrtum! Es war noch genauso. Nicht in der Grundschule, aber auf dem Gymnasium.
Ich weiß dass das jetzt alles sehr pauschal und abrechnend klingt - aber mir geht es mit meinem Beitrag darum, die Diskussion mal auf die zu richten, für die grade der Matheunterricht nicht als konzeptioneller Ansatz der persönlichen Weiterentwicklung gesehen wird, sondern als das Gegenteil davon und das da genügend vertane Chancen an Talenten in anderen Bereichen liegen, um ein Wissen zu "erwerben", das ein (erfolgreich werden könnender) Durchschnittsbürger nicht braucht.
Dazu:
Eine Studie des Spiegel zeigt, dass etwa ein Fünftel der Schülerinnen und Schüler in Deutschland Angst vor Mathe hat. Bei jüngeren Schülern liegt dieser Anteil bei 17%, bei älteren Schülern bei 26%. Die PISA-Studie ergab, dass 2022 knapp ein Drittel der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler in Deutschland nicht die erforderlichen mathematischen Kompetenzen erreichte, um einfache Aufgaben zu lösen.
Zusätzlich zeigt eine Studie, dass viele Studierende ein Mathematikstudium abbrechen. Etwa 80% der Studienanfänger brechen ein Mathematikstudium in den ersten Monaten ab, während 77% der Studierenden, die ein Mathematikstudium beginnen, auch einen Abschluss erreichen.
Hier sind einige weitere Punkte, die die Schwierigkeiten im Mathematikunterricht verdeutlichen:
Defizite in den Grundlagen:
Ein erheblicher Teil der Schülerinnen und Schüler hat Schwierigkeiten mit einfachen Rechenaufgaben und grundlegenden mathematischen Konzepten, was sich negativ auf den weiteren Lernverlauf auswirkt.
Mathe als Problemfach:
Viele Schülerinnen und Schüler empfinden Mathe als ein Fach, das Angst und Stress verursacht, was die Lernmotivation beeinträchtigen kann
Geändert von Takezo (Heute um 15:12 Uhr)
Erfahrung. Und etwas überspitzt formuliert, weil sich Erwachsene eben anders verhalten als Jugendliche und nicht rummaulen. Und natürlich in Mathe jetzt nicht nachfragen, wozu das gut ist.
Nochmal: DU hältst es für anschaulich. Und für viele andere sind sie´s zugegebenermaßen auch, aber wer 20 Jahre nicht in der Schulbank gesessen hat, muss eventuell erstmal wieder begreifen, dass in dem Kasten die Linie von unten nach oben die y-Achse ist und die von links nach rechts die x-Achse.Kurven und Diagramme sind anschaulich.
Die malt man ja gerade zum Zwecke der Anschauung hin und dann kann man die sich anschauen.
Und deine Erklärung ist doch super, und so ganz ohne Diagramm.
Wie gesagt, überspitzt. Aber du kannst darauf wetten, dass JEDER, der eine (in dem Fall Aufstiegs-)Weiterbildung macht (deswegen sitzt er da), das vor allem unter dem Gesichtspunkt der beruflichen Verwertbarkeit betrachtet, sofern er nicht noch Anderes vorhat, wie bspw. ein Studium. Da wirst auch du keine Ausnahme bilden. Aber wie gesagt, in Grundlagenfächern wird da keiner nach dem Sinn diskutieren.Da würde ich ihn dann fragen, warum er noch mal in die Schule geht
Das ist das didaktisch Augen-Öffnende. Analog hatten wir im Studium einen begnadeten Konstrukteur, der beinahe an Mathe gescheitert wäre und nie als solcher gearbeitet hätte. In einem späteren Job hatte er es mit Messtechnik zu tun und dabei Mathe begriffen und angewendet, die im Theorieunterricht für die meisten ein Buch mit sieben Siegeln war (für die Mathematiker: Fourier-Transformation).
Der Klassiker: "50% von euch haben überhaupt keine Ahnung von Mathematik!!!" "Hah, so viele sind wir gar nicht!"
In Japan bleiben immer mehr Kids der Schule fern.
https://www.nzz.ch/feuilleton/schatt...ich-ld.1890383
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