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Thema: Karate-„Meister“ – Ab wann …?

  1. #46
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    Zitat Zitat von FireFlea Beitrag anzeigen
    Aus einem anderen Faden:
    Zeigt sich ja, dass das die beim Militär praktizierte Kampfform kein richtiges Karate war, und diejenigen die das dann bei Kriegseinsätzen anwenden, auch keine Karatemeister sein konnten.
    Ähnliches ist ja auch über das in den Militäreinrichtungen unterrichtete damals noch Daitoryu Ueshibas und seiner im Krieg umgekommenen Schüler zu berichten.
    Und ob man nun, weil man im Kugelhagel umgekommen ist kein "Meister" war, ist auch noch ne andere Frage.

  2. #47
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    Zitat Zitat von period Beitrag anzeigen
    I
    Na ja, die Schwarzgurte bzw. deren Äquivalente tummeln sich ja auch wirklich in den Grapplingstilen, viele ein Leben lang. Manche davon sind gute Trainer, manche weniger. Einige wenige davon würde man als "Ausnahmetalente" bezeichnen, mein Freistiltrainer spricht von "Genies". Ich habe nur zweimal gehört, dass er den Begriff für jemand verwendet hat, nämlich für Buvaisar Saitiev (möglicherweise der beste Freistilringer des letzten Jahrhunderts) und Yuri Shahmuradov (Nationaltrainer).
    Was im übrigen meine Bedenken bestätigt , daß eben eine Beurteilungauch im Sport als Meister , was über eine schlichte Titelvergabe ala champion hinaus geht , doch etwas mehr ist als nur Kampferfahrung . Mit Betonung auf "über Titelvergabe hinaus "

    Ich habe nicht gesagt, dass die Definition besonders fair ist, und auch nicht, dass sie sämtliche Aspekte abdeckt. "Ein guter Ringer/Boxer etc.", "ein technischer... " oder "ein ... mit viel Kampfgeist / Herz" kann auch jemand sein, der nie einen Titel geholt hat (wobei man in Deutschland m.W. auch von "2. Deutscher Meister", "3. Deutscher Meister" etc. spricht). Aber egal, welche Vorzüge er sonst so haben mag, er wird im sportlichen Kontext nicht als "Meister" bezeichnet werden, wenn er nicht die einschlägigen Erfolge holt.
    Genau diesen Punkt mit technisch sehr guten Leuten aber nie den 1. Platz gemacht usw. , wollte ich auch noch anbringen , aber dachte dann , es wird zu viel. ^^ Denn auch der Punkt bestätigt , daß es bei der Beurteilung hinsichtlich Meister oder nicht im Threadsinne , noch einiges mehr mit reinspielt als erreichter titel und reine Mattenerfahrung.

    Nebenbei denke ich das die Beleuchtung aus der sportlichen Sicht , das eigentliche Thema etwas verwirrt.
    Die verstehen sehr wenig , die nur das verstehen , was sich erklären lässt. ( Marie v. Ebner-Eschenbach)

  3. #48
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    Zitat Zitat von MGuzzi Beitrag anzeigen
    Zeigt sich ja, dass das die beim Militär praktizierte Kampfform kein richtiges Karate war, und diejenigen die das dann bei Kriegseinsätzen anwenden, auch keine Karatemeister sein konnten.
    Ähnliches ist ja auch über das in den Militäreinrichtungen unterrichtete damals noch Daitoryu Ueshibas und seiner im Krieg umgekommenen Schüler zu berichten.
    Und ob man nun, weil man im Kugelhagel umgekommen ist kein "Meister" war, ist auch noch ne andere Frage.
    Mag sein aber Kriegsgefangene zu schlagen baut zuindest mal Gewalthemmungen ab.

  4. #49
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    Ach so, das läuft dann unter Gewaltkompetenz.

  5. #50
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    Zitat Zitat von Cam67 Beitrag anzeigen
    Was im übrigen meine Bedenken bestätigt , daß eben eine Beurteilungauch im Sport als Meister , was über eine schlichte Titelvergabe ala champion hinaus geht , doch etwas mehr ist als nur Kampferfahrung . Mit Betonung auf "über Titelvergabe hinaus "
    Damit kämen wir mehr in den Bereich der GOAT (Greatest Of All Time) Diskussion, die gerade in den amerikanischen MMA-Foren hitzig und meist ergebnislos geführt wird, oder (in etwas kleinerem Rahmen) die Frage, wer denn jetzt ein "grosser" Meister war. Im Boxen wird ja auch gern beurteilt, wer denn jetzt ein grosser Champion war und wer begünstigt durch Faktor X mehr oder weniger zum Titel gestolpert ist. Weltmeister waren sie in dem Fall alle, aber ein Rocky Marciano und ein Primo Carnera werden eben von Fans, Sportpresse und Zeitgenossen nicht gleich beurteilt. Aber kann mir jemand aus dem Stehgreif irgendwen nennen, den Rocky Marciano trainiert hat?

    Zitat Zitat von Cam67 Beitrag anzeigen
    Genau diesen Punkt mit technisch sehr guten Leuten aber nie den 1. Platz gemacht usw. , wollte ich auch noch anbringen , aber dachte dann , es wird zu viel. ^^ Denn auch der Punkt bestätigt , daß es bei der Beurteilung hinsichtlich Meister oder nicht im Threadsinne , noch einiges mehr mit reinspielt als erreichter titel und reine Mattenerfahrung.
    Nebenbei denke ich das die Beleuchtung aus der sportlichen Sicht , das eigentliche Thema etwas verwirrt.
    Darüber könnte man diskutieren. Es ging um die Definition des Begriffes "Meister", verschiedene Vergleiche (Handwerk usw.) wurden ja schon vor mir angesprochen. Soweit ich den Thread überflogen habe, habe ich noch Sport und Kunst als weitere Vergleichsfelder eingeführt, wo der Meisterbegriff eben nicht an der Lehrtätigkeit oder moralischen Aspekten hängt.
    Um meine eigene Perspektive davon ausgehend noch etwas klarer auszuformulieren: Ich würde dafür plädieren, den Meisterbegriff auch in der Kampfkunst grundsätzlich in zwei Aspekte aufzuteilen, nämlich einerseits die Lehrtätigkeit (Trainer) und andererseits die Anwendung, ob nun sportlich oder im realen Leben. Ein "Meister-Trainer" ist jemand, der in der Lage ist, andere hervorragende Trainer und Anwender hervorzubringen; ein "Meister-Anwender" ist jemand, der in der Lage ist, die gelernten Anwendungen in einem praktischen Kontext perfekt umzusetzen, ungeachtet dessen, ob er diese Fähigkeiten weitergeben kann. Es gibt durchaus Fälle, wo "Meister-Trainer" auch "Meister-Anwender" sind, und ich habe den Verdacht, dass die Herren im Video darauf hinauswollen. Ich würde eine Trennung in diese beiden Felder aber trotzdem sinnvoll finden, nachdem gerade die "Kampfstärke" ja von vielen Aspekten abhängt und ein "Meister" dann nach einem Unfall ggf. plötzlich keiner mehr wäre. Und die besten Anwender sind ja auch nicht zwingend immer die besten Lehrer...

  6. #51
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    An der Stelle eine Frage an Gibukai.

    ich hole etwas aus.
    In spirituellen systemen wie z.b. traditionellen Yogarichtungen kenne ich so , das ein Meister nicht automatisch ein technisch perfekter Typ sein muss und/oder aussergewöhnliche Fähigkeiten besitzen (kann , muss aber nicht) sondern jemand ist der

    A) in einer Linie steht und damit in einer Ahnenreihe . falls nun die Frage kommt , wo denn nun dieser anfang sei ? . weil ja irgendwo muss es einen ersten meister gegeben haben , dann berufen sich solche linien sehr oft auf mythische Gestalten und/oder Gottheiten (Nicht Gott ! ) . Oft ist es Shiva als erster Lehrer des Yoga .

    B) Wird der kommende und für würdig gehaltene Schüler in diese Ahnenreihe , in diese Linie aufgenommen und das ...

    C) hat Konsequenzen für BEIDE Seiten 1.. für den schüler , weil er nun Pflichten hat . z.b ist er seiner Entwicklung verpflichtet und das führt dazu das er den Anweisungen des Meisters auch folgen muss. 2. ist der meister verantwortlich für die Entwicklung des schülers und zwar in ALLEN Konsequenzen . Das kann bis hin zu Selbstverletzungen führen , um fehler des schülers energetisch auszugleichen . bei traditionellen Linien.

    D) Es wird zwar gelehrt , aber nicht in Form einer vorgebenen Struktur , sondern intuitiv für jeden einzelnen schüler individuell. was aus unserer Sicht sehr wahllos erscheinen kann.

    E) die Belehrungen sind nie vondem Schüler getrennt , sondern dienen dazu prozesse zu triggern , also ganz real veränderungen IN dem Schüler zu bewirken . manchmal auf sehr drastische Weise .

    Der Begriff "väterlicher Lehrer" bekommt hier eine sehr reale Bedeutung , da die Gruppe spirituell tatsächlich als eine Art Familie betrachtet wird .

    Nun zu meiner Frage .
    Da sowohl manche Ursprünge von asiatischen kampfkünsten in Indien liegen sollen und sprituelle Richtungen wie Buddhismus sowieso , aber auch Taoismus (einheimischer shamanischer ursprung ? ) der in kleinen eingeschweissten Gemeinschaften (sekten) gelebt wurde ,...
    ist dann ein Teil dessen wie in china als auch in japan (shintoismus, Chan-Buddhismus (zen) ) der Begriff Meister betrachtet wird , eine Form welche auf Säkularität herunter transformiert wurde , z.b. durch konfuzionistische Einflüsse , aber im Kern immer noch diese ursprünglich spirituelle Vorgehensweise hat ?
    Ist dann dieses Meister-Schüler-Geflecht mit seinen Pflichten und Verantwortlichkeiten , auf ganz intime Weise , eingebettet in eine Linie , ... das eigentliche Kriterium ? Was aber eine moderne Form der Lehrübertragung kaum noch realisieren kann.
    Geändert von Cam67 (17-08-2025 um 14:04 Uhr)
    Die verstehen sehr wenig , die nur das verstehen , was sich erklären lässt. ( Marie v. Ebner-Eschenbach)

  7. #52
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    Zitat Zitat von FireFlea Beitrag anzeigen
    Mag sein aber Kriegsgefangene zu schlagen baut zuindest mal Gewalthemmungen ab.
    Gewalthemmungen - insbesondere Kriegsgefangenen gegenüber - waren ja ein schwerwiegendes Problem bei japanischen Soldaten in WW2...
    Don't armwrestle the chimp.

  8. #53
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    Zitat Zitat von CeKaVau Beitrag anzeigen
    Hallo,



    Das ist exakt die Frage!

    Die Aussage, "nur Meister kann Meister erschaffen" ist deshalb so offensichtlich unsinnig, weil es ja irgendwann mal einen "ersten" Meister gegeben haben muss. Ist der vom Himmel gefallen?

    Da ist es auch völlig egal, über Stilerben und Lineages und was weiß ich zu diskutieren - all das spielt für die die Unlogik dieser Aussage keine Rolle.

    Grüße
    Sven
    Was soll daran unlogisch sein. Bei vielen Tätigkeiten ist es doch so, dass das Wissen über mehrere Generationen wächst Da macht es doch Sinn von jemand zu lernen der ein hohes Vorwissen hat. Ab wann man dann in dieser Kette von einem Meister sprichen kann, mag offen für Diskussionen sein. Wenn man mal jemand auf wirklich hohen Niveau erlebt hat, erkennt man schnell wie absurd es ist zu glauben, dass dieses Niveau ohne die Vermittlung von Lehrern zustanden kommt, die es ihrerseits meisterhaft beherrschen und den Weg vorzeigen können.
    Viele Grüße
    Thomas
    https://www.thiele-judo.de/portal/

    The reality is, you can say ANYTHING you want. You just have to be willing to face the consequences of your choice.

  9. #54
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    Nochmal zur Ausgangsfrage, dass es immer weniger Meister gebe - ich halte das für nicht nachvollziehbar. Nehmen wir mal eine bekannte Person aus der Geschichte bspw. Itosu Anko. Der hatte mind. eine handvoll Leute, die bei ihm gelernt haben, die ihrerseits bekannte Meister wurden. Nehmen wir einen dieser Schüler, bspw. Chibana Choshin. Auch der hat mehrere bekannte Meister hervorgebracht, deren Schulen heute noch existieren. bzspw. Nakazato, Miyahira, Higa etc. Nehmen wir einen dieser Meister, bspw. Miyahira, der hatte auch mehrere Schüler, die heute 9./10. Dan haben und vermutlich als Meister bezeichnet werden können. D.h. wenn jeder Meister mal mind. einen Meister aus seinen Schülern entwickelt, müsste die Zahl wenigstens gleich bleiben. Nehmen wir Shotokan, das geht im Kern auf Funakoshi Sr. und Jr. zurück. Jetzt kann man natürlich darüber streiten, wer heute als echter Shotokan Meister gelten mag aber ich denke 3-4 Leute finden sich da schon. Also nicht weniger.

  10. #55
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    Ist halt wie in der Religion. Irgendwer ist mal alleine zur Erleuchtung gelangt (oder vielleicht auch mehrere), weil er/sie ein fucking Genius war. Dieser hat dann anderen Menschen auf diesem Weg geholfen, so dass er auch für Normalsterbliche (vielleicht immer noch mit einem Mindestmaß an Talent) gangbar wurde. Wer nicht an Erleuchtung glaubt, kann hier einen beliebigen fortgeschrittenen Stand in der Entwicklung persönlicher Spiritualität und Weisheit als Ausgangspunkt einsetzen. Die Variablen sind ja austauschbar. Der abstrakte Prozess immer der Gleiche.
    „Grau teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum.“

  11. #56
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    Standard Nachfrage

    Hallo,

    die Frage lässt sich nicht allgemein für alle „älteren“ Kampfkünste Japans beantworten. Z. T. waren und sind bestimmte japanische Kampfkünste als Familienunternehmungen angelegt, in denen jeweils das Familienoberhaupt der Kampfkunst vorsteht und allein im Besitz der „innersten Geheimnisse“ ist. Wenn jemand Mitglied so einer Tradition werden möchte, kann es bis heute vorkommen, dass ein sogenannter Bluteid abgelegt werden muss, bei dem ein Schüler mit seinem eigenen Blut besiegelt, u. a. keine Geheimnisse dieser Kampfkunst an Außenstehende weiterzugeben und dass ihm klar ist, dass er bei Zuwiderhandlungen von allen möglichen Göttern und Geistern auf das Furchtbarste bestraft wird.

    Dergleichen gab und gibt es meines Wissens nach im Karate, das seine Ursprünge in Ryūkyū hatte, nicht. Allerdings wurden scheinbar Charakterprüfungen von einigen namentlich bekannten Karate-„Meistern“ vorgenommen, um die Tauglichkeit eines Möchtegernschülers in Erfahrung zu bringen. Soziale Abstammung war darüber hinaus ein wesentlicher Faktor, um Karate-Schüler werden zu können. D. h. nicht jeder, der Karate lernen wollte, durfte das auch. Zugleich gab es Ende des neunzehnten Jahrhunderts schon deutlich ausformulierte Kritik an minderwertiger Kampfkunst in Ryūkyū, z. B. solche, die Maulhelden, ständig wechselnde/neue Übungsinhalte und -methoden, mangelnde Reife, Schlägertypen hervorbrachten.

    Zwar gab es auch in Ryūkyū neben einheimischen die „üblichen“ Religionen und Denkschulen Japans und Chinas, aber spätestens im neunzehnten Jahrhundert hatte sich etwas ausgebildet, das ich „kampfkünstlerische Kultur Ryūkyūs“ nenne, die Karate-Übung einschließlich Theorie (Taktik, Strategie u. Ä.), Poesie, Freudenmädchen, Kalligrafie und mehr umfasste. In dieser spezifischen Kultur ging es nicht um religiöse, sondern um hochgesteckte kampfkünstlerische Ziele und einen damit verbundenen Lebensstil, der selbstverständlich mit dem damaligen Leben als mittlerer oder hoher Beamter halbwegs in Einklang gebracht werden musste.

    Jedenfalls ist diese kampfkünstlerische Kultur Ryūkyūs der Kontext, in dem Karate unterrichtet wurde. In den frühen Quellen ist von „Linien“ (Kei) der Übertragung von „Meister“ zu Schüler die Rede, da es sich oft um Privatunterricht handelte. Später, ab den 1930er Jahren, rückte dann der Gedanke von „Strömungen“ (Ryū) ins Bewusstsein der „Meister“, die plötzlich viele Schüler hatten. Damit wird gezeigt, dass Menschen Teil einer spezifischen Strömung von Karate-Wissen werden können. Ein echter Schüler, der dank seines „Meisters“ zum „Meister“ wird, steht dann nicht mehr außerhalb der Strömung, sondern wird selbst Teil der Strömung. Gleichzeitig haben sich z. B. im Shōtōkan-Ryū teilweise bis heute die Linien innerhalb der Strömung erhalten. D. h. ein Karate-Schüler kann heute sowohl am Ende einer bestimmten Linie stehen als auch Teil der größeren Strömung werden, wenn er sich bemüht und einen „Meister“ hat. Beides ist nicht mit einer Vereins- oder Verbandsmitgliedschaft vergleichbar.

    Die darin nachvollziehbaren Lehrer-Schüler-Beziehungen würde ich nicht als transformierte religiöse Lehrer-Schüler-Beziehungen bezeichnen, da sie nicht wirklich etwas mit Religion zu tun haben. Es sind eigene, in der kampfkünstlerischen Kultur Ryūkyūs mit ihren Werten und Idealen gewachsene zwischenmenschliche Beziehungen. Als z. B. der Shōtōkan Ende der 1930er Jahre als Institution für nunmehr recht viele Karateka geschaffen wurde, wurden für seine Mitglieder Verhaltensvorgaben geschaffen, die wie eine Art vereinfachte Weiterführung einiger Werte und Ideale der kampfkünstlerischen Kultur Ryūkyūs wirken. Das galt für die breitere Masse der Mitglieder. Gleichzeitig gab es, wie erwähnt, auch eine Weitergabe auf bestimmten Linien, d. h. da übte ein „Meister“ eher privat mit nur wenigen Schülern. Das war notwendig, um das wirklich hohe technische Niveau „von Körper zu Körper“ zu übertragen. Dafür ist langfristige Eins-zu-Eins-Übung mit dem „Meister“ erforderlich. Das funktioniert nicht mit vielen Leuten auf ein Mal. Und diese notwendige Eins-zu-Eins-Übung erfordert nun ihrerseits ein hohes Maß an zwischenmenschlichem Vertrauen zwischen „Meister“ und Schüler, wobei der „Meister“ mehr zu verlieren hat als der Schüler, weil er sich selbst in sehr hohem Maße in die Beziehung einbringen muss, also viel Zeit und Energie aufbietet, ohne sicher sein zu können, dass der Schüler längerfristig „durchhalten“ wird. Daher u. a. die Charakterprüfungen oder auch Warnungen v o r der Aufnahme einer solchen „Beziehung“.

    Dadurch ergibt sich dann auch relativ natürlich eine Art von „Verpflichtung“ seitens des Schülers bzw. eine Erwartungshaltung seitens des „Meisters“. Damit meine ich keine völlig abgehobenen Dinge. Z. B. teilte mir mein Lehrer irgendwann knapp mit, dass ich nun sein Deutschlandvertreter sei. Darauf hatte ich eigentlich gar keine Lust, aber letztlich war das „einfach“ die Konsequenz meiner Übung mit ihm. Von außen betrachtet mag das wie ein organisatorischer Akt wirken, aber es ist „einfach“ nur die Konsequenz aus Übung, die dazu diente, Wissen und Können zu übertragen. Mit Religion, wie geschrieben, hat es nichts zu tun. Die Vorgehensweise ist von Körper zu Körper und erfordert ein hohes Maß an gegenseitigem Verständnis und Einfühlungsvermögen – Körperwissen wird „erfühlt“ – sowie Geduld, da wirklich hohes technisches Niveau meistens (mit Hilfe des „Meisters“) langfristig aufgebaut werden und reifen muss. Ich würde es aus meiner Perspektive so zusammenfassen: Ohne meinen Lehrer gäbe es heute mein Karate nicht.

    Und ja, heutzutage ist es schwierig, so etwas am Leben zu erhalten. Das funktioniert nur im kleinen Rahmen und lässt sich nicht in ein Geschäftsmodel umwandeln.

    Ich hoffe, das beantwortet so einigermaßen die Nachfrage …

    Grüße,

    Henning Wittwer

  12. #57
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    Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Religion hatte ich nur als ein vergleichbares Beispiel verwendet, um aufzuzeigen, dass imho bestimmte Menschen mit einem ganz besonderen Talent auch aus sich heraus Meister von etwas werden können. Wenn dann erst einmal so eine "Strömung" entstanden ist, würde ich die Weitergabe in dieser Strömung so wie von Henning beschrieben verstehen.

  13. #58
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    Zitat Zitat von Katamaus Beitrag anzeigen
    Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Religion hatte ich nur als ein vergleichbares Beispiel verwendet, um aufzuzeigen, dass imho bestimmte Menschen mit einem ganz besonderen Talent auch aus sich heraus Meister von etwas werden können..
    Kennst du dafür ein Beispiel?
    Sowas ist doch immer eher ein Mythos.
    Geändert von MGuzzi (18-08-2025 um 13:28 Uhr)

  14. #59
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    Zitat Zitat von MGuzzi Beitrag anzeigen
    Kennst du dafür ein Beispiel?
    Sowas ist doch immer eher ein Mythos.
    Nun ja, der historische Buddha, Jesus,...? Wir wissen ja nicht, wer und wie erleuchtet die historischen Vorbilder wirklich waren. Offensichtlich hatten sie aber eine Persönlichkeitsentwicklung erreicht, die viele Menschen veranlasst hat, Ihnen zu folgen, weil sie diese ebenfalls erreichen wollten.

    Im Karate Matsumura Sokon, Anko Itosu etc. bzw. deren Lehrer. wer genau spielt ja letzten Endes keine Rolle.

  15. #60
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    Hallo,

    bloß ganz kurz: A. Itosu (1831–1915) hatte mehrere namentlich bekannte Karate-Lehrer; und auch im Fall von S. Matsumura darf vorsichtig davon ausgegangen werden, dass er mindestens einen Lehrer hatte, auch wenn dessen Name nicht überliefert ist. D. h. diese beiden sind nicht von allein, aus sich selbst heraus „Meister“ geworden.

    Grüße,

    Henning Wittwer

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