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ShenYi
Mich würde noch folgendes interessieren: inwieweit werden Placebos in der Schulmedizin eingesetzt? Nur von "normalen" Ärzten bei einer leichten Grippe z.B. oder auch (als Ergänzung) zu "härteren" Fällen?
dieser Artikel berichtet von einer bayrischen Umfrage:
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Wie verbreitet der Einsatz von Placebos ist, zeigte im vergangenen Jahr eine Umfrage in Bayern: Dort bekannten sich 88 Prozent der Hausärzte dazu. Weltweit setze mindestens die Hälfte aller Mediziner Scheintherapien ein, heißt es in der neuen Studie. Und die meisten Patienten haben es nicht gemerkt.
Es gibt dazu (Placebo in der Medizin) eine Stellungsnahme des wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer* aus dem Jahr 2010.
Die bezieht sich beispielhaft u.A. auf eine schweizer Studie:
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Neuere Studien belegen, dass Placebo nicht nur in der klinischen Forschung als Kontrollgruppe eine zentrale Rolle spielt, sondern dass Placebo (in unterschiedlichster Form) auch in der therapeutischen Praxis eingesetzt wird. Eine Umfrage an der Medizinischen Hochschule Hannover aus dem Jahre 2008 zeigt, dass nicht wenige Therapeuten – in diesem Fall Ärzte aus
unterschiedlichen Abteilungen einer Klinik der Maximalversorgung – zumindest gelegentlich, teilweise auch häufig Placebos einsetzen. Schmerzen wurden am häufigsten als Grund für eine Placebogabe angeben, danach folgen: Schlaflosigkeit, depressive Verstimmung, Verdauungsstörungen.
Eine neuere Schweizer Studie kommt zu dem Ergebnis, dass nur 28 % der
befragten Schweizer Hausärzte niemals Placebo einsetzen. Diejenigen, die Placebo in ihrer
Praxis anwenden, greifen größtenteils auf Pseudo-Placebos (57 %) zurück, eine Minderheit (17 %) verabreicht reine Placebos.
Begriffserklärung Pseudo-Placebo:
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Als echte oder reine Placebos werden Scheinmedikamente bezeichnet, die nur eine pharmakologisch unwirksame Substanz und gegebenenfalls auch Hilfsstoffe wie Geschmackskorrigentien oder Farbstoffe enthalten.
Bei Pseudo-Placebos, auch „unreine Placebos“ genannt, handelt es sich um pharmakodynamisch aktive Substanzen, die allerdings bei der Erkrankung keine spezifische Wirksamkeit entfalten, entweder weil die Dosis zu niedrig ist oder die behandelte Erkrankung nach herrschender Lehrmeinung nicht darauf anspricht. In der Forschung spielt diese Placebo-Variante eher selten eine Rolle, während sie in der täglichen Praxis von großer Relevanz ist, da reine
Placebos nur im Ausnahmefall eingesetzt werden können.
Die Anwendung von Antibiotika zur Behandlung von ausschließlich viralen Infekten der oberen Luftwege ist etwa ein Beispiel für eine häufig vorkommende Anwendung von PseudoPlacebos in der täglichen Routineversorgung [Koch, 1999; Fischer, 2003; Butler, 2009].
Da Homöopahtie nicht nur substanzlose Hochpotenzen kennt, sondern auch Tiefpotenzen, könnte man erstere den reinen Placebos zuzuordnen, letztere den Pseudoplacebos.
Ein Arzt muss auch bei einem echten Placebo nicht unbedingt seine Patienten anlügen:
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Wenn sich ein Arzt für einen bewussten Einsatz von Placebo entscheidet, dann hat er in der Tat das Aufklärungsproblem. Der Arzt kann bei der Erfüllung der Aufklärungspflicht zum Beispiel sagen: „Sie bekommen jetzt kein Standardmedikament, wir wissen aber aus der Placeboforschung, dass auch diese Substanzen wirken.“ Man darf aber in der Regel nicht vorgaukeln, dass man jetzt dieses spezielle Medikament gibt. Forschungen belegen, dass in einer stabilen Arzt-Patienten-Beziehung eine solche Aufklärung, die eine Placebogabe umschreibt, den Placeboeffekt nicht zerstört. Die Patienten wollen allerdings – wie eine noch nicht veröffentlichte Schweizer Studie zeigt – über die unspezifische Wirkung von Placebos informiert sein
Quelle
Auch bei der Gabe eine Homöopathikums kann der Arzt ja klar sagen, dass er ein homöopathisches Mittel verabreicht und da steht ja auch meist drauf, was drin ist.
Bedingungen für eine Placebogabe:
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●Es ist keine geprüfte wirksame (Pharmako-)therapie vor-
handen.
●Es handelt sich um relativ geringe Beschwerden, und es
liegt der ausdrückliche Wunsch des Patienten nach einer
Behandlung vor.
●Es besteht Aussicht auf Erfolg einer Placebobehandlung bei
dieser Erkrankung
[...]
Existiert die Möglichkeit einer Verumtherapie, und der Pa-
tient besteht darauf, ist der Placeboersatz grundsätzlich unzu-
lässig. Äußert sich der Patient nicht von sich aus, darf der Arzt
dieses Schweigen nicht als Blankobevollmächtigung auch für
den Placeboeinsatz interpretieren. Vielmehr muss er über das
weitere medizinische Tun bzw. Unterlassen dem Patienten eine
Grundinformation erteilen, die geprägt ist von der Pflicht des
Arztes, mit seinem Wissen über den Gesundheitszustand des
Patienten und den hieraus resultierenden Folgen behutsam um-
zugehen
http://www.bundesaerztekammer.de/dow...ebo_AK_neu.pdf
Diese Erklärung erinnert mich wieder daran, dass einige Ärzte kein Problem bei der heimlichen Verschreibung von Antibiotika sehen.:o
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*)
Ich weiß allerdings nicht, wie ernst dieses Gremium zu nehmen ist bzw. wie ernst dieses Gremium von Schulmedizinern genommen wird, schließlich sitzt da auch ein Laie im Vorstand (Hon.-Prof. Dr. Robert Jütte), der nach einer im Impfthread geäußerten Doktrin gar nicht beurteilen kann, wovon er eigentlich redet, wenn er z.B. Interviews in der Wald & Wiesenpresse gibt.
Schlimmer noch, der ist nicht mal nur Laie, der (Historiker) hat auch noch den Forschungsschwerpunkt Geschichte der Homöopathie und in dem von ihm geleiteten außeruniversitären Institut für Geschichte der Medizin bewahrt man unter anderem den Nachlass von Samuel Hahnemann auf.
Da hat es natürlich ein Geschmäckle, wenn in der recht umfangreichen Stellungsnahme, für die der Laie Prof. Jütte federführend ist, doch tatsächlich der hahnemannsche Kampfbegriff "Schulmedizin" unreflektiert verwendet wird und nicht klipp und klar die Homöpathie als gefährliche Irrlehre, deren Mittel ihre "Unwirksamkeit seit Jahrzehnten bewiesen" haben, bezeichnet.
Nein, die Stellungsnahme geht, eventuell um die Wahrheit zu verschleiern, differenzierter auf die Forschung zu diesem Thema ein und weist auf die Problematik Heterogenität im Zusammenhang mit Metaanalysen hin und Durchfall bei Kindern, um dann doch das halbgare Zugständnis zu machen:
Zitat:
Allerdings muss man an dieser Stelle auch anführen, dass es sich bei den beobachteten positiven Effekten in Homöopathiestudien generell nur um kleine Unterschiede zwischen dem homöopathischen Arzneimittel und dem Placebo handelt. Eine aktuelle Übersichtsarbeit zeigt, dass die Placeboeffekte von Studien zur Klassischen Homöopathie nicht größer zu sein scheinen als Placeboeffekte in konventionellen Studien [Nuhn, Lüdtke, Geraedts, 2010].
"zu sein scheinen":rolleyes:.
Kein Wort von der Zersetzung der "wissenschaftlichen" Medizin durch den infiltrierenden Tumor Homöpathie, keine klaren Worte zum Heilpraktikerunwesen und dessen Gefährlichkeit, die durch methodisch hochwertige Beobachtungsstudien an deutschen Talkshows klar gezeigt wurde...