Ich habe dafür absolutes Verständnis.
Ändert allerdings nichts.
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Das Problem ist, dass du das vorneweg nie wirklich abschätzen kannst. Will der nur posen oder will der ernsthaft? Man weiß es einfach nicht. Selbst Profis kommen da vielfach an ihre Grenzen, vor allem weil sowas auch von einer auf die andere Sekunde kippen kann. Also wirst du in so einer Situation so reagieren, dass du letzteres abdeckst. Volle Kanne inne Fresse. Habe ich in solchen Momenten auch oft genug getan.
Zum Problem wird es ja auch nur, wenn es vor den Richter geht und du an den "falschen" Richter gerätst. Oder nicht genug Zeugen hast oder genug Beweise.
Klare Fälle sind selten ein Problem, habe ich selbst oft genug erlebt.
Hinterher darüber zu richten ist immer leicht. Ob es richtig ist, steht auf einem anderen Blatt, aber wonach soll ein Richter sich auch richten, wenn nicht an Zeugenaussagen, Polizeiberichten, Krankenhausakten? Er war nicht dabei! Soll er jedem glauben der sich auf Notwehr beruft? Er muss sich einfach darauf verlassen, dass das was ihm erzählt und gezeigt wird, die Wahrheit ist. Oder eben jemanden beim Lügen ertappen.
Ein weiteres Problem ist der Umstand, dass Juristen in den allermeisten Angeklagten den Schuldigen sehen. Wenn dieser nun "Notwehr" ruft, sind die sich schnell sehr sicher, dass er sich nur rausreden will und entsprechend vorsichtig gehen sie damit um. Behaupten kann man ja schließlich erstmal alles, beweisen muss man es können.
Wenn du den ganzen Tag mit Straftätern zu tun hast, dann sind irgendwann alle Menschen in deinen Augen Straftäter.
Und hier liegt vielfach der Hase im Pfeffer und friert. Wenn ein Richter schon (als Beispiel) 10 schuldige Securitys vor sich hatte, dann wird der 11. sicherlich auch schuldig sein. Für diesen 11. ist es also noch schwerer als ohnehin schon, den Richter davon zu überzeugen das er tatsächlich unschuldig ist!
Sollte nicht sein, ist aber leider so. Der Mensch macht nun mal seine Erfahrungen und diese fließen, bewusst oder unbewusst, immer in die Entscheidung mit ein.
Ich kenne das aus dem Security-Bereich ebenfalls und ich glaube, dir selbst ist das auch nicht wirklich fremd.
Ich will hier die Juristen auf keinen Fall in den Schutz nehmen, sondern einfach nur ein wenig Perspektive reinbringen.
Ich studiere noch nich besonders lange Jura, aber in der Theorie ist das Notwehrrecht doch eigentlich ziemlich simpel...
Als Definition ist ja ganz simpel: Siehe §32 Abs. 2 StGB
"Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden."
Bleiben noch 2 Definitionen zu klären um dann alles verständlich zu machen.
Gegenwärtiger Angriff: "Ein Angriff ist gegenwärtig, wenn die Rechtsgutverletzung unmittelbar bevorsteht, gerade begonnen hat oder noch fortdauert."
Also in der Praxis mit Beispiel:
1. A rennt mit geballter Faust auf B zu.
2. A schlägt gerade auf B ein.
3. A rennt gerade weg, nachdem er B zusammengeschlagen hat.
Rechtswidriger Angriff:
"Der Angriff ist rechtswidrig, wenn er objektiv im Widerspruch zur Rechtsordnung steht."
Also hier ganz Simpel: Was z.B. per Gesetz im Strafgesetzbuch verboten ist, ist rechtswidrig.
Was auch ein SEHR SEHR SEHR wichtiger Aspekt der Notwehr ist, ist die Verteidigung durch "das mindeste Mittel" anzuwenden.
Kleines Beispiel: Wenn jemand Nachts in deinen Garten steigt um von deinem Apfelbaum Äpfel zu klauen, ist ihn mit der Flinte vom Baum zu holen vor keinem Strafgericht in Deutschland ein durchgehendes Notwehrdelikt.
Technisch gesehen, wurde dein Rechtsgut "Eigentum" hier beschützt, aber die 5 Äpfel stehen in keiner Relation zum Leben des Apfeldiebes.
Was die Notwehrprovokation betrifft, gibt es nur eine einzige IMMER zutreffende Antwort, welche Lautet: "Es kommt drauf an..."
Sich hier über "mögliche" Sachen im Internet auszuquatschen fällt wesentlich schwieriger als per Gutachten von einem fähigen (angehenden) Juristen zu einem konkreten Fall
Wieso ist ein Angriff von A auf B gegenwärtig, wenn A wegrennt?
Welches Rechtsgut von B verletzt er denn, durch das Wegrennen?
Eine Verkäuferin ist der Ansicht, eine Person, die gerade das Geschäft verlassen will, habe etwas gestohlen.
Die Verkäuferin stellt sich der Person in den Weg und wird weggestoßen, die Person entfernt sich.
War das Wegstoßen Notwehr oder [edit] ein rechtswidriger Angriff [/edit]?
soll das ein Beispiel für die Forderung nach dem mildesten Mittel sein?
In dem Fall wäre der Angriff aber schon beendet ("nachdem").Zitat:
Gegenwärtiger Angriff: "Ein Angriff ist gegenwärtig, wenn die Rechtsgutverletzung unmittelbar bevorsteht, gerade begonnen hat oder noch fortdauert."
3. A rennt gerade weg, nachdem er B zusammengeschlagen hat.
Stimmt, aber nur dann, wenn der andere sich selbst nicht auf einen Rechtfertigungsgrund berufen kann.Zitat:
Also hier ganz Simpel: Was z.B. per Gesetz im Strafgesetzbuch verboten ist, ist rechtswidrig.
Das sind zwei verschiedene Sachen. Das mildeste Mittel ist eine Frage der Geeignetheit. Der Kirschbaumfall ist aber gerade ein Beispiel dafür, dass das Mittel zwar geeignet ist (gibt ja kein anderes in dem Fall), der Täter sich aber trotzdem nicht auf Notwehr berufen kann (krasses Missverhältnis der betroffenen Rechtsgüter).Zitat:
Was auch ein SEHR SEHR SEHR wichtiger Aspekt der Notwehr ist, ist die Verteidigung durch "das mindeste Mittel" anzuwenden.
Kleines Beispiel: Wenn jemand Nachts in deinen Garten steigt um von deinem Apfelbaum Äpfel zu klauen, ist ihn mit der Flinte vom Baum zu holen vor keinem Strafgericht in Deutschland ein durchgehendes Notwehrdelikt.
Technisch gesehen, wurde dein Rechtsgut "Eigentum" hier beschützt, aber die 5 Äpfel stehen in keiner Relation zum Leben des Apfeldiebes.
Das ist ohnehin die Mutter aller Antworten. ;)Zitat:
Was die Notwehrprovokation betrifft, gibt es nur eine einzige IMMER zutreffende Antwort, welche Lautet: "Es kommt drauf an..."
Das Recht gesteht dem Opfer zu, dass es sich nach einem Angriff erstmal orientieren (wieder aufstehen) muss, die Spanne liegt meines Wissens nach bei 3-5 Sekunden. Und selbst wenn wir uns außerhalb dieser Zeitspanne bewegen, darf B doch noch hinlangen, weil:
StPO - EinzelnormHeißt:Zitat:
Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. Die Feststellung der Identität einer Person durch die Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes bestimmt sich nach § 163b Abs. 1.
A haut B und rennt weg. B hat die Straftat beobachtet (;)) und verfolgt nun A um ihn festzunehmen, damit die Polizei A's Personalien aufnehmen kann. Der Flucht verdächtig ist A, weil er den Tatort verlässt.
Anders sieht es aus, wenn B A kennt. Denn dann ist A nicht unbekannt und somit entfällt der Grund für eine Festnahme nach §127 StPO.
Was landläufig unter Notwehr verstanden wird, ist vielfach eine Verkettung diverser Rechte.
Das wäre ein rechtswidriger Angriff, da die Verkäuferin das Recht hat, ihr Eigentum bzw ihren Besitz zu bewahren. Habe diese Variante als Ladendetektiv mehrfach durch, nur das sich bei mir niemand entfernt hat, bzw entfernen konnte. :D
Gleichzeitig macht der Dieb damit aus einem Diebstahl einen räuberischen Diebstahl (= höheres Strafmaß).
Das Beispiel dient eher dazu, was kein mildestes Mittel ist, was also nicht unter den Notwehrparagrafen fällt. *edit, da Quatsch*
Ja, solch ein Urteil gab es. Aber das ist doch gerade eben in unserem Rechtssystem das Schöne.
Andere Richter sind nicht an das Geplapper ihrer Kollegen gebunden, egal welche Instanz.
Die höhere Instanz kann Dinge zurückverweisen, aber deren Entscheidung die aus der Neuverhandlung entsteht beeinflussen das kann und darf sie eben nicht.
Dem entsprechend ist diese Cowboymanier dieses altersschwachen Bundesrichters vollkommen wurscht in der normalen gebräuchlichen Rechtsprechung.
Zum Glück.:)
Das gleiche Spielchen geht übrigens auch mit anderen obersten Gerichtshöfen wie dem für Finanzen und Steuern. Wer sich einbildet lokal mit "Grundsatzurteilen" punkten zu können : Man vergesse es sehr schnell.
So ein Gefecht habe ich drei Jahre lang life durchgeführt....und gewonnen.;)
Was die mildeste Mittel Debatte angeht : Bei einer reiner verbalen Injurie ist aus meiner und und der von Profijuristensicht eben die verbale Erwiderung das zu billigende Mittel.
Die Begründung " Der hat mich provoziert" wäre nämlich der Anfangspunkt einer Spirale ohne Ende, die es doch zu vermeiden gilt.
Die Rechtsprechung soll einen RECHTSFRIEDEN gewährleisten, keine Verschlimmerung der Zustände.
Sieht man sich z.B. die jetztige gesellschaftliche Lage an wo doch sehr viele Menschen aus anderen Kulturkreisen bei uns unterwegs sind, na wo sollte das dann wohl enden ?
Ich habe der Verkäuferin den Einkaufskorb über den Schädel gezogen da sie mich provoziert hat ? ( Haben Sie denn Geld oder Gutschein ? , der Angesprochene versteht blablabluberbla etc. )
In anderen Kulturen wird halt die penetrante Nachfrage seitens einer Frau als Beleidigung angesehen. (Ausgedachtes Beispiel )
Da wir aber alle sobald wir in D-LAnd sind vor dem Gesetz gleich sein sollten, wäre also auch dieser "Ehrbegriff" im Rahmen der Cowboymanier zu schützen.
Eine Debatte darüber was denn nun die "korrekte" juristisch begründete Ehre sei ...Ich besorge schon die Zwangsjacken.
Genau das müßte aber erfolgen.
Da sag ich mal herzlichen Danke, ohne mich.
Sehe ich auch so. Wenn ein Amtsgericht das dann "anders sieht", muss man zur Not bis zum EuGH / Bundesverfassungsgericht.
Wenn du einem verprügeltem Kind im Supermarkt zur Seite stehst ist das a.) Ehrenwert und b.) Nothilfe, keine Notwehr.
Andere Baustelle.
Wenn ich dich jetzt die nächsten drei Seiten aliterater Rübenkopf etc. nenne hat das keine Rechtsgrundlage mich zu verdreschen, trotz der Dauer
Las ich aber sein, keine Bange.:)
Weil die unmittelbare Flucht noch zum Angriff gehört, unter anderem gerne gesehen im Zusammehang mit Dieben, Räubern oder einfach dem § 127: Vorläufige Festnahme
Anders als im Kampfsport ist der Angriff noch am laufen, wenn A gerade von besagter Tat flüchtet. Ihm am nächsten Tag in die Fresse zu hauen, wäre nicht mehr Notwehr.
Indem der Kunde den Supermarkt betritt, könnte dieser automatisch eine Einwilligung in den Durchsuchungsvorbehalt erteilt haben. Bei dem Schild könnte es sich dann um Allgemeine Geschäftsbedingungen handeln.
Dies wäre der Fall, wenn da irgendwo ein Schild ist das einen Inhalt wie: "Bei Verdacht auf Taschendiebstahl nehmen wir eine Taschenkontrolle durch, wir bitten dafür um ihr Verständnis."
Eine Stichprobenartige Kontrolle wie beim Flughafen wäre im Supermarkt verboten. Bei entsprechendem Tatverdacht jedoch schon, WENN es angesagt wurde per Schild etc.
Hier eine kleine Erklärung der Uni Thübingen.Zitat:
soll das ein Beispiel für die Forderung nach dem mildesten Mittel sein?
Zitat:
Erforderlichkeit: Eignung + mildestes Mittel
Geeignet sind solche Verteidigungshandlunge
n, die den Angriff sofort und endgültig
beenden können.
Es ist das Verteidigungsmittel zu wählen, das bei gleicher Wirksamkeit den geringsten
Schaden anrichtet.
Der Angreifer muss sich jedoch nicht auf das Risiko einer ungenügenden
Abwehrhandlung einlass
en.
Bei dem Gebrauch von gefährlichen Waffen ist ihr Einsatz grundsätzlich vorher
anzudrohen. Oft liegt darin schon eine abschreckende Wirkung. Dies gilt nur solange es
die Situation zulässt. Das Risiko einer Rechtsgutsverletzung oder eine schwächere
Verteidig
ungssituation muss nicht hingenommen werden.
Ein gezielt tödlicher Schuss kann dann als ultima ratio angewendet werden, wenn ein
wenig gefährlicher Einsatz, wie Warnschuss, Vorzeigen der Waffe oder Schuss in die
Beine nicht ausreicht.
verständlich, bei Deinen Umgangsformen :p
Zitat:
[...] dieses altersschwachen Bundesrichters [...]
Ein Richter, der ständig seine Urteile von höheren Instanzen zur Neuverhandlung zurückbekommt, macht bestimmt eine glänzende Karriere.
Das hängt von der Situation ab. Wenn kein milderes Mittel zur Verfügung steht, dann sind andere erforderlich.
Es geht nicht um eine Provokation, sondern um einen gegenwärtigen Angriff auf die Ehre.
D.h. ich muss fortwährend beleidigt werden.
Das muss sich keiner bieten lassen.
Mein Hinweis bezog sich auf einen Mann, der sich im Schwimmbad andauernd eine fettleibige Frau beleidigte und sich dabei evtl. auch durch Worte nicht abbringen ließ.
Der Lebensgefährte der Frau hat dem durch einen Faustschlag dann ein Ende gesetzt.
Eine einmalig vollendete Beleidigung "Fette Kuh" der keine weiteren folgen, ist kein gegenwärtiger Angriff.
Eine Reaktion darauf ist nicht gerechtfertigt.
Dennoch wird dem Beleidiger bei einem druch seine Beleidigung provozierten Angriff nach Meinung einiger nur abgestufte Notwehr zugebilligt.
Notwehr beendet bestehende Angriffe. Rache oder Bestrafung für vollendete Angriffe ist keine Notwehr.
Ich meinte dass er sich dann meinem Rechtsempfinden nach nicht auf Notwehr berufen dürfen sollte wenn er mich angreift, unter gleichzeitigem Ausschluss meines Notwehrrechtes weil ich ihn durch meine Anwesenheit ja provoziert hätte. Sprich, er dürfte auf mich losgehen und mir nach Belieben alles was rumsteht über den Schädel ziehen, und ich darf nicht zurückschlagen weil ich ihn ja "provoziert" habe.
Menno, nie darf man. :mad:Zitat:
Wenn ich dich jetzt die nächsten drei Seiten aliterater Rübenkopf etc. nenne hat das keine Rechtsgrundlage mich zu verdreschen, trotz der Dauer
Las ich aber sein, keine Bange.:)
zumal diese jura-diskussionen im quasi-luftleeren-raum hier in der regel eh zu nix führen, weil jeder ein eigenes bild von einem sachverhalt im kopf hat, was zumeist nicht deckungsgleich mit dem des gegnübers ist und selbst wenn der sachverhalt zur abwechslung eigentlich mal klar sein sollte, kannst du sicher sein, das solange das kopfkino angeschmissen wird, bis dem nicht mehr so ist... ;)