Zitat von
QuiRit
Meiner Einschätzung nach liegen Schlussfolgerung, als auch die zweite Aussage daneben, aber zur ersten Aussage, der Distanz will ich dann doch, auch für andere Mitleser Stellung beziehen. Wie schon geschrieben wäre, die typische Distanz für dieses Repertoire bei mir auch eine andere (Die Einteilung in Largo- Medio- und Corto erfolgt zumindest im KIRO auf eine ganz spezifische Weise und hat ganz konkrete Relevanz), aber, wenn man Bong Abenir fragen würde, bekäme man wahrscheinlich keine unkluge Antwort, weshalb er es genau so macht, wie er es macht.
Über die Distanzen kann man sehr viel philosophieren; es gibt ja Systeme, die auf das schnelle Ziehen, das Verhindern des Ziehens und Konter dessen ausgerichtet sind, sowie auf den Einsatz der Scheide oder Schwert mit Scheide und so weiter (da könnte man jetzt auch auf das Thema des Doppelstock aus dem anderen Thread einsteigen) - ich beziehe mich immernoch auf philippinische Systeme. Kämpfe (bei denen es um etwas geht) beginnen halt häufig im Rahmen komplexer menschlicher Interaktion, z.B. im Rahmen eines gespannten verbalen Austauschs- aus einer Situation heraus in der nicht für jeden klar ist, ob und wann der Kampf beginnt - und plötzlich geht es los. Ich habe mich in den letzten Jahren gefragt, ob die europäische gelebte Kampfkultur mit dem typischen Sparring auch mit durch unsere Duellkultur und unser Verständnis von Ehre und symmetrischem Kampf mitgeprägt wurde. In Asien wird ja viel auf plötzliche "All- in- situationen" trainiert. Von den relevanten Situationen, welche ich erlebt habe (in Deutschland halt nur Raufereien) hat nur eine die Möglichkeit für taktisches (sparringsartiges Kämpfen) erlaubt, und das war im Rahmen einer Herausforderung. Bei relevanten Geschichten in Asien - und ich hatte da auch mal eine Erfahrung in Istanbul - war ein "banter" mit "push and pull" und "Abchecken des Anderen" stets Teil der Konfrontation - aber, ich trifte ab.
Zurück zu Defondo, was in dem obigen Video ja mehrheitlich gezeigt wird: Defondo behandelt Angriffe in der Mediodistanz, welche eng und beherzt sind (fully commited). Das sind Angriffe wie man sie also in einer Sparringssituation weniger erleben wird. Defondo bildet auch nicht das gesamte System ab, sondern ist eben ein ganz bestimmter Teil. Enge, bezerzte Angriffe in der Mediodistanz haben aber eine hohe Relevanz. Auch in Bahala Na gibt es Defondo (welches sich von dem gezeigten unterscheidet), wobei sich dieses auch spezifisch auf "fully engaged attacs" bezieht (Zitat eines befreundeten Schülers von Kirk McCune), welche halt auch im Rahmen von Gruppenkämpfen, so wie Leo Giron sie beschrieb eine hohe Relevanz hatten (ich gehe da jetzt nicht näher drauf ein, weil es sonst auch irgend wann zu viel Text wird). Defondo bildet also nicht das gesamte System ab, sondern ist ein spezifischer Teil, welcher sich eben auf genau die gezeigte Situation bezieht! Für den interessierten Leser kann man vielleicht noch anmerken, dass es sich bei einigen der gezeigten Techniken (ich kann nicht für Abenir Kalis sprechen, aber im KIRO ist es so) um Wurzeltechniken handelt, das heisst, die Varianten, welche als erstes geübt werden, die aber, wenn weiter fortgeschritten anders ausgeführt werden (es gibt da mehrere Entwicklungsstufen, wobei aber niemand ewig lang hingehalten wird und erstmal 10 Jahre lang Stufe eins trainieren muss).
Ich mach jetzt mal schluss; habe zwar keinen Bus zu verpassen (was ich für Euch natürlich gerne tun würde), aber meine Frau wartet und sie warten zu lassen ist eine wesentlich risikoreicheres Unterfangen, als ein beherzter, enger Angriff mit Schwert zu kontern