Laut Polizeigesetz ist die Schusswaffe nur einzusetzen, um Angreifer kampfunfähig zu machen oder an der Flucht zu hindern. Der Schusswaffengebrauch gilt als Ultima Ratio, das Mittel der letzten Wahl zur Abwehr einer Gefahr von Leib und Leben. (…)
Aber was sind dann tödliche Schüsse auf psychisch schwer beeinträchtigte Menschen – Unfälle, Fehlreaktionen, die Konsequenz aus einer falschen Einsatzstrategie?
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Eine Umfrage der SZ unter den Bundesländern ergab: In welchem Umfang der Umgang mit psychisch Kranken in Fortbildungen behandelt wird, variiert stark. Mal spielt das Thema in verpflichtenden Einsatztrainings eine Rolle, mal sind solch spezielle Fortbildungen freiwillig. In anderen Bundesländern wiederum gibt es überhaupt keine Fortbildungen zum richtigen Umgang mit psychisch Kranken. Das Thema ist zwar Teil der Grundausbildung, die liegt bei Polizisten im Einsatz aber teilweise Jahre oder Jahrzehnte zurück. Die Frage, ob man Beamte besser unterstützen müsse, indem man ihnen zum Beispiel in größerem Umfang als bisher psychiatrische Fachkräfte an die Seite stellt, wird verneint oder als unrealistisch eingestuft. Bayern und Thüringen haben auf die Anfrage nicht geantwortet.
Laut der Polizeigewerkschaft GdP ist Deeskalation sehr wohl Teil der modernen Polizeiausbildung. „Ich bin bei der Polizei so trainiert worden, dass man Situationen einfriert, man nichts überstürzt, das Ziel ist immer eine friedliche Verhandlungslösung“, sagt Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der GdP. Als deeskalierende Mittel zählt er dann aber auf: „Laute Ansprache, Pfefferspray, Schlagstock, Taser.“ Und er sagt auch: „Die Polizei hat nicht den Auftrag, jemanden zu heilen, sondern ihn der Justiz zuzuführen.“
Die Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic hält es auch für wichtig, den Druck von der Polizei zu nehmen. „Der Polizist muss nicht alles alleine können, das ist ihm auch nicht zuzumuten. Das Zusammenspiel muss funktionieren, damit nicht am Ende Menschen sterben“, sagt sie. Letztlich auch aus Verantwortung gegenüber den Beamten, die aufgrund von fehlenden Alternativen erst in die Situation gebracht würden, schießen zu müssen