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Luggage
Wenn du einem Anfänger sagst: Mach das soundso, dabei lernst du eine Menge! Wird er auf Dauer immer wieder wichtige Punkte missachten, schludrig arbeiten, und sich nicht auf alles wesentliche konzentrieren können (auch weil er noch nicht weiß, was wesentlich ist). Sag ich ihm aber "Hikite heißt einen Gegner hart an sich heranreißen!", dann verbindet er etwas mit der Technik und kann sich selbst anhand dieses Bildes besser korrigieren. Er wird nicht, oder seltener, vergessen, die Hand auch kraftvoll zurückzureißen, denn die meisten Anfänger denken erstmal nur ein den Schlag, und vergessen die Gegenbewegung.
Genauso verhält es sich mit (Kata-)Bunkai: Der Schüler spult eine Kata schnell mal lieblos ab, ohne richtige Tempi und Spannung. Man erkennt ganz gut, ob ein Karateka gerade einfach nur der Form folgt, oder ob sich in seinem Kopf mehr dazu abspielt. Dazwischen liegen Welten in Ausführung und Spannung. Außerdem ist die bloße Form für den Anfänger undurchsichtig, er weiß nicht, worauf es zu achten gilt. Gibt man ihm aber wiederum ein einfaches Bild (Bunkai) an die Hand, kann er es als Korrekturinstanz seiner Technik verwenden und kann es sich inklusive Gegner vor Augen halten, wenn er die Kata läuft. Dadurch wird er sie kämpferischer laufen mit mehr Spannung und Trainingseffekt und - wie gesagt - korrekter.
Nun sind diese einfachen Bilder vorallem deshalb einfach, damit der Anfänger sie von Beginn an gezeigt bekommen und verstehen kann. Sie sind nah an der Form, schlicht und universell, damit der Anfänger nicht überbeansprucht wird. So auch der Grundsatz Hikite=Reißen. Kampf ist aber nicht universell und einfach, weswegen diese Bilder nicht kampftauglich sind (daher auch aus dieser Sicht die berechtigte Kritik am einfachen Bunkai). Aber diese Bilder, sind nicht Ziel der Lehre, sondern Teil derselben. Am Ende, bzw. weiter fortgeschritten auf dem Weg, hat man so effektiver trainiert (weniger Fehler gemacht, härter die Formen gelaufen etc.) und hat wichtige Attribute erlangt: Körperspannung und -Struktur, Kime und alles was dazu gehört Kraft optimal zu übertragen (ich habe ja postuliert, dass Hikite dafür vonnöten ist). Daneben hat er seinen Körper lernen lassen, während er den Kopf mit billigen Scheinerklärungen ruhig gestellt hat (Bunkai). Kata, Kihon und Kumite enthalten alles, was der Körper zum Kämpfen braucht (ich habe vorher schon beschrieben, dass Gleichzeitigkeit von Anfang an geübt wird, der Anfänger wird nur nicht mit zig unterschiedlichen Anwendungsbeispielen beim Lernen gestört!). Präzission der Techniken/Biomechanik, Kraft, Ausdauer, Explosivität, Struktur und Techniken, Flexibilität und Grundlagen von Kontrolle kommen aus dem Kihon, Anwendung, Schnelligkeit und Kontrolle unter Stress und in Bewegung aus den versch. Kumiteformen und Schlaghärte und -Struktur aus Makiwara- und Pratzentraining. Diese Drei Säulen teilen unter sich auf, was im echten Kampf dann zusammenfließt, aber nur zusammenfließen kann, wenn der Körper die Grundlagen gelernt hat.