@Lubo:
Du sprichst mit jemandem der das seit 50 Jahren macht, und der einen Zustand hat der auf externe Ereignisse ohne Verzögerung reagiert. D.h. mein Körper und mein innerer Geist reagieren bevor mein Verstand mitbekommt dass es nötig ist. Leider inzwischen nicht mehr mit "Jin" weil es nicht mehr da ist, aber durchaus immer noch mit Reaktion. Z.B. mit Ausweichmanövern bei 180 mit dem Auto, verzögerungsfrei und bevor ich verstehe was ich sehe. Ich kann nur nicht jedem erklären "wie man das macht", und "wie man da hin kommt", ausser die Übung. Sowohl der Körper als auch die Seele können sehr unterschiedlich reagieren, mit unterschiedlichen Präferenzen. Ich kann als Reaktion auf eine Absicht in einem Menschen damit anfangen ihm den Kopf abzureissen, oder emotional reagieren. Oder beides. Diese Reaktionen sind nicht fest verdrahtet, und sie können und werden sich auch verändern. Aber sie kommen irgendwoher, und das ist real, kein Zufall. Ich lasse jetzt seit 25 Jahren zu, dass "etwas" das in mir zum Besseren verändert, ohne dass ich weiss was "besser" ist, warum das nötig ist, und was sich genau verändert. Aber das tut es.
In einem jeweiligen Kontext, also z.B. bei der ruhenden Meditation ohne "Zielvorgabe" (ausser ich möchte dass es mir besser geht), kann Achtsamkeit in der Übung heissen, ich achte die Empfindungen die kommen, und sehe mir die an. In aktiven Übungen z.B. im Sport habe ich diese Zeit nicht, da bedeutet Achtsamtkeit dass ich alles empfinde und sehe was um mich herum passiert, in den Menschen, im Raum. Und es wird DIREKT ohne Verzögerung in Handlung umgesetzt, die von innen kommt, von einer artistischen Improvisation die Raumgefühl, Zeit, Timing, Ressourcen, Spielziele und Gefahren unmittelbar einbezieht. Was mit mir ist, ist solange egal bis es eine überragende Wichtigkeit bekommt, z.B. eine Verletzung. Sonst ziehe ich auch mit Schmerzen durch. Wenn man mit Achtsamkeit alles und jedes bezeichnet, bezeichnet man gar nichts mehr.
Ich halte auch überhaupt nichts von Definitorik, wo man den Leuten einen davon erzählt dass es sowieso keine Realität gibt, da ja auch die Wahrnehmung von einer eindringenden Klinge in meinen Körper eigentlich nur die Sinneszellen sind die gerade von der Eisen-Kohlenstoff-Mangan-Verbindung durchtrennt werden. So als könnte man das philosphisch betrachten, und dann blutet man gar nicht mehr. Wird man doch. Darum hilft es, wenn man die Realität bzw. die Wahrheit als führend nimmt, nur der jeweilige Ausschnitt ändert sich. Falle ich aus dem Fenster ohne Fallschirm bei ausreichender Höhe werde ich verletzt. Unabänderlich. Die entsprechenden instinktiven Reaktionen sind aber schon da in einem, man kann helfen dass die sich entwickeln, immer besser, genauer werden, artistisch, improvisiert. Indem man dem Instinkt vertraut, und sich mit den Empfindungen beschäftigt die das wiederum auslöst. Eine Zeit lang habe ich mit extremer Gewalt auf unfreundliche externe Ereignisse reagiert, wie ein Baryshnikov nur mit kaputt machen. Das hatte eine gewisse Artistik, war am Ende aber immer Gewalt, mit entsprechenden Folgen. Das ist im Laufe der Zeit zurückgegangen. Ich konnte so nicht leben, obwohl es aus Gründen des Selbstschutzes "perfekt" war. Emotional aber nicht.
Am Ende hat der Geist, und der Körper drumherum, konkrete, endliche und faktische Fähigkeiten, Mechanismen, Ressourcen. Die sind alle veränderbar, aber in Grenzen. Das zu ändern ist eine komplexe Optimierungsaufgabe, für die es "etwas" in einem gibt was man machen lassen kann. Dieses Etwas kennt all diese Mechanismen und optimiert sie, aber nicht immer so wie man will, sondern so wie die Aufgaben und Folgen erfordern. Sonst zwingt man sich zu Dingen die falsch sind, weil man nicht alle Fakten kennt. Dabei helfen auch Übungen. Am Ende macht aber alles entweder die Optimierungsfähigkeit des Körpers, oder die des Hirns, und entwickelt komplexe Abläufe. Wir haben mehr Fähigkeiten als viele glauben, aber nicht unendlich, oder beliebig. Es gibt Dinge die gehen einfach nicht, und der Geist muss frei sein darauf Rücksicht zu nehmen. Es kann aber Dinge geben die da sind und gehen, aber wir wissen sie nicht. Und hätten auch Angst das auszusprechen. Das überlässt man dann dem Teil in sich der diese Fernbedienung in der Hand hält und den Knopf drücken kann, und erfreut sich an der genialen Aktion die plötzlich aus dem Lameng entsteht. "Planen" kann man das alles nicht. Man muss seinem Instinkt auch zugestehen, im Fall der Fälle einfach mal abhauen zu dürfen, wenn das der beste Weg ist.
Um mal konkret zu werden, wenn man das in einer Übung mit Partner macht, der versucht einen zu schlagen, man leitet ab, es entstehen Kollisionen, Drehmomente, man erlebt ein Timing - dann lernt man. Mechanik, und Absichten. Man empfindet was der andere denkt, man erlebt Abläufe, erlebt wie es funktioniert etwas zu vermeiden, und wie nicht. Was dauert wie lange, wieviel Kraft hat was, aber es gibt auch eine emotionale Dynamik. Eigene Empfindungen und die des Angreifers. Ich habe mal einem Lernenden gezeigt wie ich sein Setup einfach verlasse, ich sehe ihn an, gehe auf ihn zu, drücke ihn an die Wand, und er kann nichts machen. Weil es keine Mechanik war, sondern emotionale Interaktion wo seine Reaktion fallen lassen war. D.h. ich habe ihm klar gemacht, dass er sich mit dieser Angst auseinandersetzen muss, und eine Lösung finden. Mechanik ist alleine nicht genug. Die Reaktion in der Realität kann auch sein, wegzulaufen, weil er das nicht schafft, oder momentan kann. Kann er mental in einen Zustand kommen in dem sein Unterbewusstsein, seine Seele mitkämpft, kann er auch mechanisch probieren. Aber, die entscheidet ob sie das tut, oder in dem Kampf den um die goldene Ananas sieht, und nicht mitspielt. D.h. er musste auch lernen, seinem Instinkt zu vertrauen was das Richtige jeweils ist. Reden, Verhandeln, Nachgeben, Abhauen, oder Kämpfen. Mein Bruder z.B. kämpft immer. Der kämpft aber auch seine Freundin nieder wenn es darum geht welche Reifenmarke sie für ihr Auto kauft, was ihn nicht sonderlich angenehm macht. Achtsamkeit dreht sich hier also um die physikalischen Abläufe einer Konfrontation, Körpermechanik, Timing, Kräfte, und emotionale Abläufe in Konfrontationen und Aktionen.
In Meditation dreht sich bei mir aber z.B. momentan alles um Empfindungen zu Beziehungen. Immer. Das ist so komplex dass ich auch nicht weiss was da abläuft, ich kann es oft nur zeitlich zuordnen weil ich das Gefühl kenne. Das war 1989 bei der und der, das war 1976, und so weiter. Aber die Bedeutung ist nicht zu erfassen, es sind komplexe Verflechtungen, von Wünschen, Instinkten, Erfahrungen, Ängsten. Zusammengemengt in körperlicher Emotion. Ich bin da auch in einem völlig anderen Zustand als beim Fangen von Bällen in einer Sporthalle. Es ist trotzdem Achtsamkeit, nur nicht in Bezug auf Mechanik und das Prallverhalten von 280g-Lederbällen und menschlichen Körpern. Sondern auf die Logik von Beziehungen, die Fähigkeiten, Abläufe, Empfindungen, Veränderungen. Das was sich da ändert liegt, hirntechnisch und emotional, ganz woanders, und beschäftigt sich auch mit anderen Dingen. Ganz exakt das gleiche was beim Lernen von Spielzügen passiert, nur sind manche Dinge abgeschaltet, und die Achtsamkeit arbeitet mit anderen Gegenden im Geist. Und wenn man möchte dass das funktioniert, mischt man sich auch genauso nicht ein was dieses "Etwas" genau tut, was es entgewichtet, was es fördert, wo "mehr" von gemacht wird und wovon "weniger". Oder was komplett abgebaut wird, weil es Irrglaube ist. Wäre schön, ist aber leider nicht so.
Das mal als komplexere Abhandlung was "Achtsamkeit" alles sein kann, und was es einbezieht. Verkürzt kann man es mit "Leben" bezeichnen. Leben mit allem was man ist, möchte, nicht möchte, erlebt hat, kann.
"Man kann Leuten nicht verbieten, ein ***** zu sein." (Descartes)