Zitat von
TREiBERtheDRiVER
Sobald wir Achtsamkeit erleben befinden wir uns schon in der Vergangenheit, also einem Zustand den wir nicht mehr ändern, dennoch daraus lernen, können.
Bewusstes Erleben findet in der Gegenwart statt, auch wenn die Ursache des Erlebens - aufgrund von Signallauf- und Berechnungszeiten - in der Vergangenheit liegt.
Es geht ja letztlich um Bewusstseinsinhalte.
Im Bewusstsein tauchen dauernd irgendwelche Inhalte auf und verschwinden wieder.
Körperwahrnehmungen, Sinneseindrücke von außen, Gedanken, Gefühle (im Sinne von Emotionen)....
Der übliche Umgang damit ist, an einigen haften zu bleiben und sich in Gedankenketten zu verlieren.
Diese Gedanken führen dann von der Gegenwart weg in die Vergangenheit oder die Zukunft und/oder anderswo...
Wenn man z.B. ein graues Haar wahrnimmt, kann man eine Gedankenkette bilden, was man denn damit nun (also in naher Zukunft) tun soll. Ob man es ausreißen soll, oder sich, falls es mehrr werden, die Haare färben. Man kann sich in Betrachtungen über Silberrücken bei Gorillas verlieren und darüber vielleicht zu Gedanken an eine Afrikareise kommen, die man geplant (Zukunft) oder schon unternommen hat (Vergangenheit).....
Oder man überlegt sich, wie prächtig der Haarschopf in der Jugend war und wie schön die Sommer....
In der Achtsamkeitsmethode, die ich kennengelernt habe, geht es darum, sich dieser Gedankenketten, des Abschweifens vom gegenwärtigen Erleben hin zu konstruierten Bewusstseinsinhalten bewusst zu werden: "Ich denke gerade an das Bruttoinlandsprodukt von Ghana" und damit wieder in den gegenwärtigen Moment zurückzukehren.
Achtsamkeit => Abschweifen => Bemerken des Abschweifens => Achtsamkeit....
Als wichtiger Aspekt kommt dann noch das "nicht werten" dazu. Also anstatt "verdammt, ich wollte doch auf meinen Atem achten, nun denke ich an die Brüste der Nachbarin", "Oh, ich denke gerade an die Brüste der Nachbarin und nun kehre ich wieder zum Atem zurück".
Aber auch nicht: "Oh nein, ich wollte mich doch nicht ärgern, wenn ich an die Brüste der Nachbarin denke, anstatt auf den Atem zu achten" sondern: "Ich ärgere mich gerade, dass ich an die Brüste der Nachbarin denke, anstatt auf den Atem zu achten und nun kehre ich wieder zum Atem zurück"
Diese Art der Achtsamkeit kann man sicher beim Geschirrspülen, Essen, Autofahren, Hofkehren etc. üben.
Bei geistigen Tätigkeiten, um neue Aufgaben zu lösen stell ich mir das schwierig vor, denn da ist das Begeben in einen Gedankenkette ja Programm.
Wenn ich überlege, was ich tun muss, damit... begebe ich mich ja gezielt in die Zukunft.
Das Abschweifen von den gegenwärtigen Bewusstseinsinhalten ist ja eine höhere kognitive Fähigkeit.
Insbesondere der Mensch hat die Fähigkeit zum Planen und zukünftige Ereignisse geistig vorwegzunehmen oder auch über die Vergangenheit nachzudenken.
Dauernde Achtsamkeit kann also IMO nicht das Ziel sein, gleichwohl das Üben von Achtsamkeit die Bedeutung von Bewusstseinsinhalten relativieren kann.
Buddha selbst lehrte, der Überlieferung nach, eine Achtsamkeitsmeditation, die darauf ausgerichtet war, die Inhalte seiner Lehre zu erkennen:
"Ihr Bhikkhus, dies ist der Pfad, der ausschließlich zur Läuterung der Wesen führt [1], zur Überwindung von Kummer und Klagen, zum Verschwinden von Schmerz und Trauer, zum Erlangen des wahren Weges, zur Verwirklichung von Nibbāna - nämlich die vier Grundlagen der Achtsamkeit."
3. "Was sind die vier? Ihr Bhikkhus, da verweilt ein Bhikkhu, indem er den Körper als einen Körper [2] betrachtet, eifrig, wissensklar und achtsam, nachdem er Habgier und Trauer gegenüber der Welt beseitigt hat. Er verweilt, indem er Gefühle als Gefühle betrachtet, eifrig, wissensklar und achtsam, nachdem er Habgier und Trauer gegenüber der Welt beseitigt hat. Er verweilt, indem er Geist als Geist betrachtet, eifrig, wissensklar und achtsam, nachdem er Habgier und Trauer gegenüber der Welt beseitigt hat. Er verweilt, indem er Geistesobjekte als Geistesobjekte betrachtet, eifrig, wissensklar und achtsam, nachdem er Habgier und Trauer gegenüber der Welt beseitigt hat."
z.B. Achtsamkeit auf den Körper:
. "Auf diese Weise verweilt er, indem er den Körper innerlich als einen Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er den Körper äußerlich [6] als einen Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er den Körper sowohl innerlich als auch äußerlich als einen Körper betrachtet. Oder er verweilt, indem er die Ursprungsfaktoren im Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er die Auflösungsfaktoren im Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er die Ursprungs- und Auflösungsfaktoren im Körper betrachtet. Oder die Achtsamkeit, daß da ein Körper vorhanden ist, ist einfach in dem Ausmaß in ihm verankert, das für bloße Vergegenwärtigung und Achtsamkeit nötig ist. Und er verweilt unabhängig, haftet an nichts in der Welt an [7]. Auf jene Weise verweilt ein Bhikkhu, indem er den Körper als einen Körper betrachtet."
Dabei geht es nicht nur um das gegenwärtige Erleben, sondern durchaus über die Reflektion von Wissen, inkl. Wertungen ("unrein"):
"Wiederum, ihr Bhikkhus, reflektiert ein Bhikkhu systematisch über diesen seinen Körper, von den Fußsohlen aufwärts und von den Haarspitzen abwärts, wie er, von Haut umhüllt, von vielfältigen unreinen Dingen angefüllt ist: 'In diesem Körper gibt es Kopfhaare, Körperhaare, Nägel, Zähne, Haut, Muskelfleisch, Sehnen, Knochen, Knochenmark, Nieren, Herz, Leber, Zwerchfell, Milz, Lunge, Dickdarm, Dünndarm, Mageninhalt, Kot, Galle, Schleim, Eiter, Blut, Schweiß, Fett, Tränen, Talg, Speichel, Rotz, Gelenkschmiere und Urin [10].' So als ob es einen Sack gäbe, mit Öffnungen an beiden Seiten, gefüllt mit vielfältigen Körnern, wie zum Beispiel Bergreis, rotem Reis, Bohnen, Erbsen, Hirse und weißem Reis, und ein Mann mit guten Augen würde ihn öffnen und so systematisch darüber reflektieren: 'Dies ist Bergreis, dies ist roter Reis, dies sind Bohnen, dies sind Erbsen, dies ist Hirse, dies ist weißer Reis;' genauso reflektiert ein Bhikkhu systematisch über diesen seinen Körper, wie er von vielfältigen unreinen Dingen angefüllt ist: 'In diesem Körper gibt es Kopfhaare, Körperhaare, Nägel, Zähne, Haut, Muskelfleisch, Sehnen, Knochen, Knochenmark, Nieren, Herz, Leber, Zwerchfell, Milz, Lunge, Dickdarm, Dünndarm, Mageninhalt, Kot, Galle, Schleim, Eiter, Blut, Schweiß, Fett, Tränen, Talg, Speichel, Rotz, Gelenkschmiere und Urin
Man begibt sich auch bewusst in die Zukunft:
"Wiederum, ihr Bhikkhus, vergleicht ein Bhikkhu, als ob er eine Leiche sähe, die auf ein Leichenfeld geworfen wurde - von Krähen angefressen, von Habichten, Geiern, Hunden, Schakalen oder verschiedenen Arten von Würmern angefressen - so vergleicht er diesen seinen Körper damit: 'Dieser mein Körper ist von der selben Natur, so wird er sein, er kann diesem Schicksal nicht entgehen.'"