
Zitat von
kanken
Der Text von dem italienischen Arzt erklärt sehrt gut warum deren Letalität so groß ist:
Sie haben nicht genug Personal um die Kranken zu betreuen. Wenn Urologen oder Augenärzte auf einmal 70+-jährige Patienten mit differenzierter Beatmung betreuen müssen (habe ein Foto gesehen auf dem ein 80-jähriger in Bauchlage mit 38/15 und einem FiO2 von 1,0 beatmet wurde). Das sind Beatmungswerte die eines intensivmedizinisch erfahrenen internistisch oder anästhesistischen Facharztes bedürfen, oder zumindest eines Assistenten in fortgeschrittner Weiterbildung. Außerdem muss da auch eine intensivmedizinisch erfahrene Pflegekraft ran.
Wenn die dort jedoch Urologen diese Patienten betreuen lassen müssen, dann ist der in 8 Stunden, spätestens, tot. Die haben mit so etwas einfach keine Erfahrung, von differenzierter Katecholamintherapie und Behandlung der Begleiterkrankungen mal ganz zu schweigen.
Solche Patienten bekommen dann häufig noch eine bakterielle Infektion oben drauf und dann geht die Sepsisspirale los, inklusive Multiorganversagen, CVVH (Dialyse). Das auf eine bestehende Herzinsuffizienz und man hat ein riesiges Problem.
Alleine die Versorgung mit Trachealkanülen, die man bei längerfristiger Beatmung bekommt (meistens spätestens am 3. Tag), wird die dort an den Rand der Kapazitätsgrenzen bringen, da das halt auch nur jemand mit Erfahrung machen kann.
Wenn der Arzt schreibt er hat bis zu 20 Aufnahmen auf die Intensivstation am Tag, alles alte Menschen, dann kann man sich mal ausrechnen was das alleine an Kapazität bindet wenn die aufgenommen, und instrumentiert werden müssen (Versorgung mit Zugängen).
Ein erfahrener Facharzt braucht ca. 5-10 Minuten für eine Intubation, 5-10 Minuten für einen ZVK und ca. 5-10 Minuten für einen arteriellen Zugang. Also ca. 20-30 Minuten. Dann noch mal 2-5 Minuten für ein orientierendes Herzecho um die Herzfunktion zu kennen.
Dokumentation und (digitale) Medikamentenkurve schreiben noch mal 15 Minuten.
Im Idealfall ist man also mindestens 45 Minuten damit beschäftigt „den Patienten ankommen“ zu lassen. Das ist aber nur die ärztliche Seite. Die pflegerische Seite muss bei den Zugängen assistieren, die Beatmung anschließen, Perfusoren vorbereiten, der MTA beim Röntgen helfen etc.
Jede Neuaufnahme auf eine ITS bindet also einen erfahrenen Arzt und eine Pflegekraft für mindestens eine Stunde. Wenn 20 Neuaufnahmen kommen dann ist ein Team alleine nur damit beschäftigt.
Wenn man aber einmal so krank und „verkabelt“ auf einer ITS liegt, dann werden die entscheidenden Werte mindestens stündlich gescheckt und es wird drauf reagiert.
„Ideal“ ist eine Versorgung von 10 Intensivpatienten und einem erfahrenen Arzt mit 5 Pflegekräften. Realistisch ist heute 12-14 Patienten auf 1 Arzt und 3-4 Pflegekräfte.
Außerdem ist es ja nicht so dass man nur wegen Covid-2 auf eine ITS muss. Herzinfarkte, andere Infektionen, Schlaganfälle, Unfälle etc. gibt es ja auch weiterhin.
DAS ist der Grund warum wir „die Kurve abflachen“ müssen.
Man hat im Gesundheitssystem immer weiter gespart und Bedingungen geschaffen unter denen keiner arbeiten will (sowohl pflegerisch als auch ärztlich). Gerade, und vor allem, in Häusern der Maximalversorgung. Das wird sich jetzt rächen, wenn es wirklich zu einer großen Krankenwelle kommen wird. Die wird es ja nicht nur bei den Patienten geben, sondern auch bei ärztlichen und pflegerischen Personal.
Gerade die erfahrenen Fachärzte sind eben nicht mehr da, die fliehen aus dem System so schnell sie können. Die sind es aber die den jungen Assistenten eigentlich die Sachen zeigen sollen, damit die es lernen. Unser System hat ein Fachärztemangel sondergleichen. Man kann eben nicht mit Anfängern und Gastärzten ein flächendeckendes Hochleistungssystem fahren. Die paar Fachleute, die es im System gibt, werden dann für die noch k******en ITS Patienten gebraucht, also die die an die ECMO müssen (wenn man die Lunge „auschschaltet“ und das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff anreicher, quasi eine „Lungendialyse“) und evtl. sogar eine maschinelle Herzunterstützung brauchen.
Der Stundenlohn eines Facharztes am Haus eines Maximalversorgers (Uniklinik) liegt bei 36 Euro, wenn er denn wirklich nur 42 Stunden pro Woche arbeiten würde. Tut er aber nicht, es sind in der Regel mindestens 48-54, eher mehr. Überstunden werde da gerne nicht erfasst, da man ja „forscht“, „lehrt“ und irgendwann mal Oberarzt werden will, der dann für 46 Euro die Stunde noch mehr machen darf, da er ja noch die Verwaltungsaufgaben hat und Personalverantwortung und, und und.