Nachdem mich die Antworten auf mein Post bezüglich eines - in meinen Augen notwendigen Abwägens - doch ein wenig entsetzt haben. Hier eine Studie des Virchowbundes über den Zusammenhang niedriger Bildung sowie eines unterdurchschnittlichen Einkommens mit der Morbidität und Mortalität, um zu veranschaulichen, welche katastrophalen Auswirkungen Wirtschaftskrisen haben.
https://www.virchowbund.de/uploads/f...ortalitaet.pdf
Da geht es eben nicht um ein paar Aktiengesellschaften, die nun ein paar Abschreibungen vornehmen müssen - die trifft es üblicherweise, u.a. aufgrund des mittlerweile auch in Deutschland flächendeckend bei börsennotierten Unternehmen genutzten Bilanzierungsstandards IFRS 16, sogar weniger hart - sondern um Millionen von Menschen, die aufgrund von Sparmaßnahmen erheblich früher sterben. Dies einfach zu ignorieren und auf die lächerliche Wirtschaftsperspektive zu verweisen, ist schon eine enorme kognitive Dissonanz, sofern man in der Corona-Krise moralisch argumentiert.
Ich gebe ja gern zu, eher dem Utilarismus anzuhängen, sehe dies jedoch nur als Leitfaden, da man ohne jeden einzelnen Fall erneut zu prüfen selbst schnell Gefahr läuft, ideologisch zu argumentieren.
Hinsichtlich der Versäumnisse unserer Regierung sehe ich einfach ein Problem, wenn das Robert Koch Institut 2012 eine Risikoanalyse erstellt, diese im Bundestag erörtert wird, und nichts geschieht.
https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/120/1712051.pdf
In Fernost hat man klare Lehren aus den SARS und MERS Epidemien gezogen. Der wissenschaftliche Austausch besteht zu diesen Ländern - ich habe selbst von einem Stipendium in Südkorea profitiert (Es mag sein, dass ich aufgrund dieser Erfahrung das Land hier und da in einem zu positiven Licht sehe) - deshalb frage ich mich, weshalb man nicht die Methoden, wie bspw. die Infektionsketten von Anfang an mithilfe von Bewegungsmustern zu identifizieren und jede Person, die sich innerhalb eines gewissen Radius um einen Infizierten herum aufgehalten hat, kurzfristig unter Quarantäne zu stellen und zu testen, von dort übernommen bzw. auf unsere Verhältnisse angepasst hat. Mit dieser Methode muss das öffentliche Leben in deutlich geringerem Ausmaß heruntergefahren werden, während man, zumindest auf Basis der gegenwärtig verfügbaren Daten, dabei sogar besser in der Lage ist, die Basisreproduktionszahl auf einen Wert knapp über 1 zu drücken. Somit wächst die Zahl der Infizierten zwar an, tut dies jedoch deutlich langsamer als hierzulande.
Selbstverständlich wirken moralisch ethische Regeln in diesen Länder, insbes. der Neokonfuzianismus, hier verstärkend, da, stark vereinfacht ausgedrückt, eh mehr Wert auf Zurückhaltung und Distanz gelegt wird. Angesichts der Dunkelziffer in Deutschland befürchte ich jedoch, dass dieser Ansatz in Deutschland nicht mehr praktizierbar ist. Hinzu kommt in Bezug auf meine generelle Sicht auf diese Problematik, dass ich auf einer Lobbyveranstaltung erlebte, dass ein ehemaliger Politiker vor dem zugegebenermaßen kleinen Punlikum zum Besten gab, dass Politik nur reagiere, aber nie agiere. Da läuft es einem auch nach Jahren als Unternehmensberater kalt den Rücken hinunter; nur leider bewahrheitet sich dieser Ausspruch nur allzu oft. Das Aktienrecht verhindert ähnliche Verhältnisse in Großunternehmen zum Glück, führt aber zu anderen Problemen.
Als Fazit bleibt nur, dass ich generell glaube, dass monokausale Erklärungsmuster problematisch sind und man gerade in solchen Krisen versuchen sollte, ein wenig zurückzutreten und auch die langfristigen Auswirkungen der möglichen Handlunsgoptionen abzuwägen. Beweise und "Wahrheiten" können dies nicht sein, da die hierfür genutzten modallogischen Verkettungen per se nicht beweisfähig sind. Insofern sollte man sich, meine ich, generell hüten, an solche zu glauben.
Geändert von Han Fei (02-04-2020 um 20:23 Uhr) Grund: Orthographie
Da bin ich fast völlig bei dir.
Wenn wir darüber reden, was im Vorfeld verschlafen wurde, da stimme ich dir völlig zu.
Ich stimme dir ebenfalls völlig zu, was die Krankenhäuser angeht, die in öffentliche und nicht private Hand gehören.
Mit der Phamaindustrie, das ist so ne Sache, weil eine Verstaatlichung auch Innovation bremsen kann. Ein guter Bekannter von mir ist Jurist, spezialisiert auf Medizinrecht und der hat mich mal, als ich die selbe Meinung wie du vertreten habe, darauf hingewiesen, dass das Innovationsvolumen der Pharmahersteller im Ostblock völlig lächerlich war, im Vergleich zum westlichen Konterpart. Im Prinzip sind die tatsächlich nicht nennenswert über Dopingmittel hinausgekommen. Und wir brauchen da Innovation.
In der jetzigen Krise ist Innovation vermutlich unsere einzige wirkliche Chance. Wir brauchen ein Medikament.
Die Kehrseite ist, dass die mehr und mehr nur noch an dem forschen, was denen Geld bringt, wozu z.B. Antibiotika nicht zählen. Deswegen habe ich ein so großes Problem, wenn hier mit dem Markt argumentiert wird. Ich verstehe das schon, aber die "Gesetze" oder Regeln dieses Marktes sorgen sogar dafür, dass lebenswichtige Mittel nicht weiter beforscht werden, obwohl diese Entscheidung, den Entscheidungsträgern selbst das Leben kosten könnte. In meinen Augen ist das absoluter Wahnsinn.
Wir bräuchten da also irgendeine Art von Verbindung aus Privatisierung und Verstaatlichung und effektiver Kontrolle inkl Kontrolle der Kontrolle. Auf jeden Fall brauchen wir das Gegenteil eines ungeregelten Marktes. Ist ein wirklich interessantes Thema, aber zurück zu Korona.
Das, was die verschlafen haben, das kann man zu Teilen wieder gut machen. Etwa die Bevorratung von Schutzausrüstung. Und man kann in relativ überschaubarer Zeit auch Medikamente wieder hier produzieren.
Bei Licht betrachtet rettet uns das aber nicht. Das Einzige, was vermutlich wirklich hilft, das wäre ein Medikament, das wir noch nicht haben.
Auch Taiwan, Südkorea etc sind nicht über den Berg, schau dir die Zahl der Infizierten und Geheilten dort an. Dunkelziffer hin oder her, vergleiche das mal mit der Zahl der Gesamtbevölkerung.
Die müssen ständig aufpassen, sonst geht es dort auch wieder los. Und mehr Szenarien gibt es im Moment nicht.
- völliges Desaster, wie in USA, IT, SP etc. Das ist die schlechteste Möglichkeit und ich habe große Sorgen um Schweden, Russland, den gesamten afrikanischen Kontinenten, weil die einfach gar kein Bild haben.
- das was wir hier in D haben, ist schon die deutlich bessere "Wahl", wir können das aber nicht ewig so durchhalten.
- oder wie China, aber auch Taiwan, Südkorea, (Japan?) die scheinen das im Griff zu haben und müssen ständig auf der Hut sein. Müssen sofort Neuinfizierte und Kontaktpersonen isolieren, oder es droht erneuter Kontrollverlust.
Wo wir sind, da kann es in beide Richtungen gehen. So wie in USA, Italien etc. Dafür müssen wir nichts tun, außer die Maßnahmen zu lockern, einige Wochen später fährt das Gesundheitswesen vor die Wand. Oder wir versuchen da hin zu kommen, wo China, Taiwan, Südkorea jetzt sind, müssen dann allerdings auch ständig auf der Hut sein, wie die jetzt.
Darf ich aus dieser Aussage schließen das du seit 3 Monaten eine Maske trägst da du ja "richtig" informiert bist und auch die "richtigen Schlüsse" ziehst?Zitat von MichaelII
Gruß
Alfons.
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...Dosenbier und Kaviar...
Von einander lernen in der Krise:
https://www.zeit.de/wissen/gesundhei...covid-19-tirol...Aus Italien kommt beispielsweise die dringende Warnung, Corona-Patienten nicht unter einfachen Atemmasken mit Sauerstoff zu versorgen, weil sich dort Aerosole – also kleine Tröpfchen – bilden, in denen sich das Virus anreichern und sich dann in Windeseile im ganzen Krankenhaus verteilen kann.
In Barcelona wiederum haben Ärzte eine spezielle Telefon-Taskforce gebildet. Patienten mit leichten Symptomen werden aus den Notaufnahmen in die Selbstisolation nach Hause geschickt. Die Taskforce fragt regelmäßig nach, wie es ihnen geht, damit im Notfall jeder versorgt wird. Auch das Elsass ist ein Hotspot der Krise. In Straßburg wird von Patienten mit Verdacht auf Covid-19 sofort eine Computertomografie des Oberkörpers angefertigt. Denn auf den Bildern lassen sich infektionsbedingte Veränderungen der Lunge erkennen, selbst wenn der Test zuvor negativ ausgefallen ist. ...
Ich finde es gut dass und wie hier diskutiert wird..
Diskutieren ist jetzt wichtig und Kontroversen gehören eben zu einer Diskussion dazu...
Gut finde ich auch, dass hier ein wenig Politik erlaubt ist, es artet ja auch nicht aus und ist on Topic...
Nikkeligkeiten gibts immer welche, ich nehm das nicht persönlich und lach hinterher manchmal noch..
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Ist eigentlich schon aufgefallen, dass Angela Merkel bei Ihrer Ansprache "mit dem/der/ihren Volk/Gesellschaft/Untertanen" geredet hat, wie mit kleinen Kindern....?
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Das nennt sich leichte oder einfache Sprache.
https://de.wikipedia.org/wiki/Einfache_Sprache
https://de.wikipedia.org/wiki/Leichte_Sprache
Wenn ich mich so in meiner Umwelt umsehe, kann ich da schon eine Notwendigkeit für erkennen.
Geändert von Pflöte (02-04-2020 um 21:06 Uhr)
Ich zitier mich mal von weiter vorne:
er behauptet also, nur 0,5% der bestätigten Fälle wären ernsthaft krank. Was eventuell implizieren soll, dass diese Rate so bleibt?
schau'n wir mal:
Heute hatten wir 872 Tote im Zusammehang mit COVID-19.
Das sind dann 1,2%. der aktuell 73.522 bestätigten Fälle.
Laut dieser Quelle sind derzeit 2.139 COVID-19 Fälle aktuell in intensivmedizinischer Behandlung.
Das sind dann 2,9% der aktuell bestätigten Fälle.
Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass einige schon genesen sind und weitere der akutell bestätigten Fälle in der nächsten Zeit noch zu schweren Fällen werden.
Kann natürlich sein, dass aufgrund der bekannt schlechten Hygiene in deutschen Krankenhäusern nicht vermehrt COVID-19 Fälle auf der Intensivstation landen, sondern Leute auf deutschen Intensivstationen mit COVID-19 infiziert werden....
Vielleicht können da ja kanken oder Seemann was dazu sagen.
Geändert von Pansapiens (02-04-2020 um 21:34 Uhr)
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