Verständnisfragen:
1) Soweit ich verstanden hatte, kamen doch aufgrund der damaligen werbung und trainingsausrichtung auch leute, die von anfang deutlich mehr als zweimal/woche wt und zusätzlich noch nach „krafttraining für kungfu und karate“ trainierten? Stimmt das?
Du meinst dieses Buch von dem Berufsschullehrer(?) mit der berühmten Karte "Brust oder Keule"? Hahaaaa! Keine Ahnung, ob da Menschen waren, die danach trainiert haben. Aber wir hatten nur zweimal die Woche das Angebot damals. Der Rest lief "schwarz" und "cash" mit Einzeltraining, wenn du das gewollt hast. An spezielle Muskelmännchen kann ich mich jetzt nicht erinnern.
2) Einige von diesen leuten (siehe obige beispielsaufzählung, #64) zogen dieses training imo über längere zeit durch. Kanntest Du einige von diesen und falls ja wie schätzt Du deren trainingsergebnis hinsichtlich des angestrebten trainingszwecks ein?
Dazu müsste der "Trainingszweck" definiert werden. Ja, ich kannte einige von diesen Cracks (Altmayer, Boztepe, Hennrich ("Mannem") und Dingeldein später in seiner EVTO). Lass uns hier bitte differenziert drangehen und wir nennen einmal als Trainingszweck eine gewisse "überdurchschnittliche Reife und Erfahrung im WT", vielleicht auch Durchdringung des Systems. Boztepe und Dingeldein nehme ich aus der Gleichung heraus, weil du die beiden auch in einen Karate-Verband stecken kannst. Die absorbieren den jeweiligen Stil und machen dennoch irgendwie ihr "angeborenes" Ding. Altmayer und Hennrich waren "sauweich" im Chi-Sao, Dingeldein war auch weich gemessen an seiner physischen Präsenz, aber nicht so weich. Das war echt Daoismus pur und dann kam die Dampframme.
Also irgendwann hast du diesen Quantensprung bei denen gespürt, wenn sie ihn nicht schon hatten und das ging IMO so ab dem 2. TG los. Ich habe keine Ahnung, was da inhaltlich gedrillt wurde, aber ich mache dies einmal an einem meiner Trainingspartner fest: Ich hatte war studientechnisch ein gutes Jahr im Ausland und in dieser Zeit ist er vom 1. auf den 2. TG gesprungen. Das war eine komplett andere Art und Weise, WIE er auf einmal agiert hat. Also kein Vergleich zu dem "Chi-Sao-Gehampel" in den Schülergraden, wenn ich dies einmal despektierlich sagen darf. Der war auf einmal "eine Ebene" höher und das war spürbar. Keine Ahnung, was die da getrieben haben, aber um bei deiner Frage zu bleiben: Da war absolut ein "Trainingsergebnis" erkennbar, wenngleich wir natürlich noch den Systeminzest mit dazu nehmen sollten und auch irgendwo den Grundrespekt: Einen Boztepe, Dingeldein oder Hennrich hast du nicht auf seine Skills "getestet", weil du eines auf die Mappe bekommen hättest.
Daher in Sachen "System" und innerhalb des "Systems" absolut spürbares Trainingsergebnis, wenn wir als Zweck ein Eintauchen in das WT nach LT sehen, um mal den Bogen zu spannen. Ich gehe mal davon aus, dass war der Vater deiner Gedanken. Was die oben genannten meines Erachtens aber auch auszeichnete das war dieses auf der einen Seite an die offiziellen Programme gehalten, auf der anderen Seite aber auch irgendwie ihr Ding gemacht. Das lief so zwischen den Zeilen ab - vor allem Boztepe und Hennrich waren da "sehr offen" und irgendwie auch subversiv, vor allem als die BD kam. Altmayer bis zu seinem Bruch mit der EWTO auch und Dingeldein hat ja dann sein eigenes Ding aufgezogen.
Lass mich mal kurz zu Hennrich gehen, das fällt mir gerade ein: Ein dunkler Keller in Mannheim. Du gingst hin, hast bei Wind und Wetter draußen gewartet, dann irgendein Hinterhof, eine enge Treppe nach unten und das war der Trainingsraum. Also das hatte "flair" - kein Vergleich zu den Wellness-Tempeln, wie sie zu der Zeit auch schon da waren oder in der heutigen Zeit. Da gab es keine Fenster. Beton. Rohre und Neonröhren. Auf dem Boden ein paar Matten. Fertig. Ich meine da waren auch keine Schlagpolster an der Wand oder so. Egal. Also, gemeinsam die 1. und 2. Form gemacht, vollkommen egal, ob du da mitkamst oder nicht und dann hat er (Hennrich) sich hingesetzt, seine Kippen (Marlboros) geraucht und wir haben daneben trainiert - undenkbar heutzutage - was er vorher kurz gezeigt hat. Gnadenlose Hierarchie. Flankiert von einem seiner Jungs im schwarzen T-Shirt, der immer um den "Thron" gelungert hat. Was haben wir trainiert? Manchmal was aus den Programmen oder aber das, worauf er Bock hatte. Am Ende oder nach den Formen haben wir uns in eine Reihe aufgestellt und er hat uns eine Minute (meist kürzer) oder so mit seinem Chi-Sao "überzeugt" und du bist ins Ecke geflogen. Der war auch weich, wie die Sau und dann kam der Hammer. Das ging ZACK und ZACK und BUMM. Ok, bestimmt auch verklärter Blick meinerseits (ist ja schon weit über 20 Jahre her).
3) Wurde neben den chi sau sektionen auch (im dafür erforderlichen umfang) freies chi sau trainiert, um die in den sektionen (neu) erlernten techniken/ideen ausprobieren/anwenden zu können?
Nein, ich habe das in meiner aktiven WT Zeit und auch später in den Derivaten nicht erlebt - zumindest im offiziellen Training. Es gab nach dem Training immer wieder so kleine freundschaftliche "Scharmützels", aber dem Trainer war das immer sichtlich unangenehm und es hat ihm nicht gepasst. Das war irgendwie "von oben" nicht gewünscht. Bei Kwok ging/geht es zügig ins freie Chi-Sao auf seinen Seminaren. D drillst zwei oder drei "Einstiege" und dann geht es direkt frei zu. Der ist halt aber auch kein WTler...