Moin!
Sehr treffende Impulse! Sagen wir mal so: Klar, auch dem Trainer oder besser notgedrungen, aber vielmehr eben auch durchaus "blind" dem System vertraut, was da angepriesen wurde und rein in der Theorie in schlüssig ist - wie das Tai Ji Quan zum Beispiel auch oder aber das Aikido: Energie des Gegners aufnehmen, umleiten - kennen wir doch alle. Und natürlich "kopierst" du deinen Trainer zu Beginn, wenn du gar keinen Plan von den systemeigenen Bewegungsmustern hast. Für Individualität ist meines Erachtens an solch einem Zeitpunkt der Entwicklung kein Platz.
Irgendwie musst du dich da einfach mal drauf einlassen, auch wenn vielleicht zu Beginn direkt Zweifel hochkommen. Nehmen wir mal den angesprochenen Low-Kick im 1./2. SG damals. Ok, mit den fetten Scheinbeinschonern, die wir damals hatten und der Tatsache, dass eben nicht volle Kanne getreten wurde - das funzt (was hatte ich da blaue Schienbeine) und hat auch Spaß gemacht. Gleichwohl die primitivste Abwehr im Grunde zurückgehen ist. Aber ich habe damals auch gedacht - ich fange doch so einen Tritt nicht mit meinem Unterbein ab bzw. nehme weich auf. Du lässt dich aber drauf ein. Irgendwo auch - ich nenne es einmal Anstand und einfach mal machen. Und wenn ich mit meinen ehemaligen Karate Kollegen ein wenig "rumgesparrt" habe, da hatte ich durchaus die Dominanz mit der Universallösung- das hat dann ein oder zweimal funktioniert, wenn du da wie ein Dampfhammer drauf los bis (im Nahkampf war es dann vorbei, weil "overload"), allerdings waren die Kollegen auch nicht blöd und irgendwann waren sie darauf eingestellt und es hat nicht mehr so "chön" funktioniert. Überraschungsmoment eben.
Was nun die "Chi-Sao"-Sucht angeht: Ich spreche gerne vom WT-Virus und ja, das war schon eine Art "Sucht" im Sinne von: Geil, ich bin auch dabei -> Gruppenphänomen! Bitte nicht aus den Augen verlieren, was das damals für eine Zeit war so 1995 und weiter. Kein Internet - kaum Austausch von anderen Systeme, die Albrecht Pflüger Bücher (*lach*) und dann kam die EWTO und brachte Systematik in die ganze Sache, indem sie suggeriert (was sie heute noch tut), dass du systematisch kämpfen lernen kannst und damit fähig bist, dich selbst zu verteidigen, wenn du deren Curriculum folgst. An dieser Stelle öffnen sich neue Weg. Ich kann mich aber auch an Trainingskollegen in der WT-Filiale erinnern, die waren d:kaffeetria immer wieder sporadisch und hatten mit der UL, also letztlich KFS eine derartige Dominanz, die haben dich einfach umgerannt, weil du eben so "blind" versucht hast, diesen rüden Schlägen mit Chi-Sao-Reflexen zu entfleuchen. Keine Chane. Insofern - auch wenn Cord die KFS letzt in seinem Adventskalender eher ein wenig "geschmälert" bzw. einem reduzierten Szenario zugeordnet hat (ich meine das nicht negativ) - ich mache damit heute wenn wir ein wenig Spaßsparring betreiben immer noch gute Erfahrungen (also dieses explosive Überraschungsmoment) und könnte mir gut vorstellen, dass ich die im Fall der Fälle (Gott bewahre) instinktiv (wenn man in diesem Kontext davon sprechen kann) abrufen würde, um überhaupt etwas zu machen - so im Sinne von: Verkehrt ist es ja nicht...
Additum: In den WT-Zeiten wurde auch ungern Sparring betrieben. Das waren absolute Ausnahmen und immer nur dann, wenn am Ende noch eine kleine Kerngruppe da war. Von Seiten des Trainers kamen da auch nie freie Impulse - das wurde vermieden. In dem späteren Derivat auch. Jetzt ist mir auch klar warum: Ich habe in diesen Sparrings immer solange auf die Mappe bekommen bis ich eben "anders" agiert habe - also "WT-frei" und ohne "aufnehmen und nachgeben" , dann war es auf einmal ausgeglichen, auf Augenhöhe. Ist halt doof, wenn du da immer wieder diese WT Inhalte trainierst und in Situationen, für DIE du diese eigentlich trainierst nicht anwendest *lach*...aber ich vermute einmal, dies kennen auch sehr viele hier.

