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Seemann
Du schreibst, du bist nicht dafür, dass sich "Forscher beliebig Zeug reinschütten", du willst aber andererseits auf Tierversuche verzichten und sie durch Versuche an eben jenen Forschern ersetzen. Aus Sicht der Risikoabwägung sind das potentiell gegensätzliche Standpunkte, die du da einnimmst.
Tierversuche sollten den Tieren zuliebe reduziert werden.
Was ja auch geschieht, noch vor zwanzig oder dreissig Jahren gabs viel mehr davon. Es darf aber gern noch weiter reduziert werden, nach anderen Wegen gesucht werden.
Dass Leute, die mit einem Material arbeiten, dieses Material auch kennen, und zwar auch praktisch, nicht nur theoretisch - ist eigentlich in allen Branchen das Normale. Inklusive den meisten Therapieformen. Ausser bei den Medizinern, die scheinen das nicht nötig zu haben? warum?
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Eine etwas andere Sache ist dein Vorschlag, dass Ärzte die (bereits zugelassenen) Medikamente an sich selbst testen, die sie verordnen. Manche machen das zum Teil ja auch, aber, ich wiederhole mich, dies zur Pflicht machen zu wollen ist völlig abwegig.
es muss sich ja keiner durchs ganze Sortiment probieren, aber doch, wenn jeder Arzt jene Behandlungen, die er selbst verschreibt, gelegentlich an sich selbst probiert - wäre ein Segen für die Patienten.
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Soll eine junge Ärztin mit ohnehin niedrigem Blutdruck noch Blutdrucksenker nehmen? Dir wurde mit mehreren Beispielen vor Augen geführt, dass das abwegig ist. Hinzu kommt, dass das, was du damit erreichen möchtest so nicht erreicht werden kann.
Das mal unter Aufsicht zu erleben, was passieren kann, wenn sie sich bei einem Patienten verschätzt - doch doch, das wäre ein eindrucksvolles Erlebnis!
Aber nein, es soll sich niemand in Lebensgefahr bringen. Nicht sich selbst, aber auch nicht andere.
Ein empathischer Arzt (Mensch) braucht nicht selber "leiden", um Leid nachvollziehen zu können und es erstrebenswert finden, Leid zu reduzieren.[/QUOTE]
Das sehe ich anders - Empathie beruht sehr wesentlich darauf, dass man eigene Erfahrungen und fremde Erfahrungen vergleicht und darin Ähnlichkeiten erkennt. Aber wer keine eigenen Erfahrungen hat in einem Bereich - kann schlecht nachfühlen, wie es Leuten geht, die eben diese Erfahrungen machen.
Man kann ja auch nicht beschreiben, wie sich ein Orgasmus anfühlt, wenn eine Person das noch nie erlebt hat... da fehlt einfach die eigene Erfahrung. Das lässt sich auf angenehme wie unangenehme Erfahrungen anwenden.
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Und ein grober Klotz mit Schlachtermentalität wird sich sagen, naja, ich habe es ausgehalten, dann müssen es die Patienten auch.
Das "nicht von sich selbst auf andere schliessen" wäre dann Empathie für Fortgeschrittene.
Immerhin kann er anerkennen, dass es da was auszuhalten gab... also etwas Schmerzhaftes, oder Unangenehmes. Ist doch schon mal ein Anfang.
Ausserdem kann das auch die Glaubwürdigkeit gegenüber dem Patienten erhöhen, wenn eigene Erfahrung zur Theorie aus der Schule dazu kommt.
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Praktikabel ist es ohnehin kaum, wenn man sich die Vielzahl der Patienten und die Vielzahl der Erkrankungen ansieht, auf die ein einziger, sagen wir mal niedergelassener Internist so pro Woche, oder nur am Tag stößt.
Es wird ja wohl jeder so seine Sachen haben, die häufig vorkommen. Wär ja schon mal ein Anfang, diese Therapien an sich zu erleben...
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Deine Analogie mit dem Tätowierer ist keine. Mal davon abgesehen, dass ich daran zweifel, dass sich tatsächlich jmd zum Ausbau der eigenen Fähigkeit zu Empathie tätowieren lässt, ist eine Tätowierung, obwohl unangenehm bis schmerzhaft, je nach Körperregion und Individuum, deutlich weniger invasiv, als ein medikamentöser Eingriff in die Biochemie des Körpers.
Natürlich ist es eine Analogie, es geht um genau dasselbe: nämlich das praktische Wissen, was man Kunden/Patienten eigentlich so zumutet. und ja, daran muss man sich immer wieder mal neu erinnern.
Und wenn es schon die weniger invasiven Tätowierer tun - also dort, wo es nicht so sehr drauf ankommt, deiner Meinung - wäre es umso wichtiger, dass jene, die tief in den Chemiehaushalt des Körpers eingreifen, das umso sorgfältiger, bewusster und achtsamer tun. Und alles dafür tun, was in ihrer Macht steht.
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Das Problem, was ich grundsätzlich sehe ist, dass du in deiner Argumentation mangelndes Einfühlungsvermögen quasi voraussetzt, sonst wären deine Vorschläge ja nicht nötig.
Einfühlungsvermögen setzt voraus, dass man Dinge gefühlt - erfahren - erlebt hat. Es ist wichtig, immer wieder mal neue Inputs zu geben, neue Daten ins System zu füttern. Weil Menschen ja auch vergessen.
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Zweitens, ist es der Fall, ändert die Umsetzung deiner Vorschläge nicht zwingend etwas,
Drittens, macht mehr Empathie nicht zwingend den besseren Arzt (der Wert fachlicher/sachlicher Distanz ist nicht zu vernachlässigen),
Doch, es ändert, dass Praktiker der Heilkunde (welcher Schule auch immer) regelmässig Erfahrungen machen, die sie dabei unterstützen, sich besser einzufühlen.
Dass es welche gibt, bei denen alles nix nützt (und bei denen man sich fragt, warum um Himmels Willen man die auf Leute loslässt!)... ändert nichts daran, dass es den meisten helfen würde.
und Empathie ist nicht Mitleiden (also solidarisch in Tränen ausbrechen, weil alles so schlimm ist) - Empathie und professionelle Distanz gehen sehr wohl zusammen, und sollen das auch. Böse Zyniker sollten auf alle Fälle nicht mit Menschen arbeiten, speziell nicht mit Geschwächten, Verletzten, Kranken.
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Viertens, sich mehr Zeit für die Patienten nehmen wird häufig gewünscht, ist aber für manche Patienten auch nicht unbedingt gut (für andere schon).
Mehr Zeit wäre sehr oft sehr sinnvoll.
Wie es eigentlich kommt, dass überall die besten supidupi-Geräte stehen, und Laboranalysen ohne Ende gemacht werden, aber zehn Minuten Gespräch nicht gehen - wird wohl ein ewiges Rätsel des Zeitgeistes bleiben.
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Fünftens, dein Vorschlag der explorativen Selbstmedikation zum Ausbau praktischer Erfahrung im Gegensatz zum Bücherwissen ist ebenfalls falsch. Da ein Arzt Medikamente praktisch anwendet entsteht/besteht praktische Erfahrung die über Bücherwissen hinausgeht. Bücherwissen ist aber ein Stück weit eine Notwendikeit, um überhaupt Erfahrung entstehen zu lassen - also aus Erlebnis Beurteilung und Handlungskonsequenz abzuleiten.
Sie sollen es nicht anstelle der Theorie tun, sondern sie sollen beides tun.
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P.S.: Was macht eigentlich ein Kinderarzt? Kinder sind keine kleinen Erwachsenen.
Jeder Arzt war ja, hoffentlich, selbst mal Kind. und hat einen Schatz von Kindheitserfahrungen, auf den er zugreifen kann. Oder womöglich eigene Kinder. Da muss man sich halt mehr Mühe geben, wenn man mit Leuten zu tun hat, die anders sind als man selbst.
Die Dosis von Medikamenten kann man ja hochrechnen aufs erwachsene Gewicht.
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Ich hoffe du merkst, dass es mit diesem Vorschlag an sehr vielen Ecken "zwickt". Es scheitert an Praktikabilität, ist medizinisch fragwürdig, ethisch ebenfalls, würde man es, wie du vorgeschlagen hast zur Pflicht machen, erreicht sein Ziel nicht und ist auch juristisch vermutlich völlig zweifelhaft.
Es gibt ein paar Probleme und Einschränkungen; da muss man halt Lösungen finden, oder sich bewusst sein, dass man nur teilweise einfühlen kann, weil ja doch jeder Mensch anders ist. Nur schon das ist eine wichtige Erkenntnis! Klingt nach Binsenweisheit, wird aber erstaunlich oft ignoriert.
juristisch und ethisch ist das kein Problem, zumindest nicht für alle, die neu Medizin studieren wollen und von Anfang an darüber informiert werden, dass es Teil des Jobs ist, gelegentlich selbst zu erfahren, womit man seine Patienten beglücken wird. Wer nicht bereit ist dazu - wähle sich einen andern Beruf.
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Ein medizinischer Eingriff (ich zähle medikamentöse dazu)ist eine Körperverletzung in die implizit oder explizit eingewilligt werden muss. Da dürfte der Zwang eine Körperverletzung hinzunehmen kritisch sein.
ach, wenn's um Organspenden und Impfpflicht geht, sind staatliche Stellen auch nicht sehr zimperlich und nehmen Körperverletzungen sehr nonchalant in Kauf...
Immerhin gibt's keinen Zwang, Medizin studieren zu müssen!
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Nebenbei, all das hilft der Homöopathie auch nichts. Und auch dieses Jahr geht der Medizinnobellpreis wieder nicht an einen Homöopathen.
nein, aber all das macht, dass Homöopathie trotz der ganzen erbitterten Gegnerschaft blüht und gedeiht. Wenn die Schulmediziner ein paar Missstände beseitigen würden, würde die Homöopathie doch einige Kunden verlieren bzw gewisse Kunden gar nie gewinnen... weil keiner sich frustriert von Schulmedizin abwendet.
ich glaube nicht, dass das Nobel-Komitee jenseits der Schulen (Universitäten) gesucht hat. TCM, Ayurveda, andere Medizinen hatten auch noch nie Nobelpreise. Immer nur und ausschliesslich westliche Medizin.