Zitat:
Jenseits von Fakten und Argumenten:
Wie Mehrheitsgesellschaft und „Querdenker“-Bewegung Medieninhalte wahrnehmen
COVID-19 und soziale Ungleichheit – Thesen und Befunde
Policy Paper Nº 09 | 08. Dezember 2022
Universität Konstanz
Sandra Walzenbach
Thomas Hinz
Menschen glauben gern, was ihre bereits bestehende Meinung bestätigt. Dieses Phänomen ist in der Kognitionspsychologie unter dem Begriff „confirmation bias“ bekannt. Kann es auch die zunehmende Polarisierung zwischen Mehrheitsgesellschaft und „Querdenkern“ während der Coronapandemie erklären? Wir haben dazu die Wahrnehmung von Medieninhalten untersucht. Hier beleuchten wir, inwieweit sich die beiden Gruppen in ihrer Wahr- nehmung von Medieninhalten unterscheiden: Welche Rolle spielt jeweils das „confirmation bias“, und welche die Qualität der Information?
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Zusammenfassung
Die Tendenz, bereits bestehende Meinungen aufrechtzuerhalten, auch wenn neue, glaubwürdige Information diesen widerspricht (confirmation bias), ist ein zentraler Mechanismus, wenn man verstehen will, wie Menschen Medieninhalte wahrnehmen und in ihrer Glaubwürdigkeit bewerten. Objektive Qualität spielt für die Glaubwürdigkeitseinschätzung empirisch eine deutlich untergeordnete Rolle. Wenn überhaupt, schlägt sich in dieser Studie die Autor*innenidentität im Glaubwürdigkeitsurteil nieder: Aussagen von Wissenschaftler*innen werden unter bestimmten Umständen als glaubwürdiger wahrgenommen, nämlich dann, wenn sie die eigene bestehende Meinung bekräftigen – ein Befund, der abermals confirmation bias nahelegt. Obwohl es sicher erhebliche Ungleichheiten im Konsum von Medieninhalten gibt, die zur Entwicklung der Protestbewegung und zur Polarisierung gegenüber der Mehrheitsgesellschaft beigetragen haben, sind die Mechanismen der Informationsverarbeitung für die Gefolgschaft der „Querdenker“-Bewegung und die Mehrheitsgesellschaft die gleichen. Sie liegen in der Arbeitsweise des menschlichen Gehirns begründet und tragen dazu bei, dass eine einmal bestehende Meinungsverschiedenheit zwischen verschiedenen Gruppierungen in der Gesellschaft sich tendenziell eher verhärtet und schwerlich durch eine verbesserte Faktenlage aufzulösen ist.