Aber um des Argumentieren willens, lass uns mal folgendes Annehmen. Du übst eine Form und deren Anwendung, die von einem Stilgründer vor etlichen Jahrhunderten entwickelt wurde. (Was im Übrigen nebenbei heißt, das dieser Stilgründer sich außerhalb einer Tradition gestellt hat, aber lassen wir das mal.)
Die Form und die Applikation wurde tatsächlich ohne die geringste Änderung von Generation zu Generation übertragen. Bis heute. Zu Dir.
Und daran ist wirklich etwas Gutes? Ganz sicher?
Wenn ich mir das traditionelle Lehrstystem des Shu-Ha-Ri (oder von mir auch aus Li, ich kann kein japanisch) ansehe, so besteht es aus den drei Schritten:
1.) Das System lernen
2.) Das System beherrschen
3.) Das System zerreißen. Sprich: Seinen eigenen Stiefel machen.
Falls Dein System, Deine Form, über die traditionelle Lehrmethoden überdauert hat, heißt das im Umkehrschluss, dass nie ein Meister die Ri-Stufe erreicht hat. Falls doch, hat er seinen eigenen Laden aufgemacht und ist aus der Übertragungslinie des Systems verschwunden.
Ist er aus Loyalität beim System geblieben, hat er dann nicht um der Loyalität willen seinen Schülern wider besseren Wissens ein in seinen Augen veraltetes System gelehrt.
Und falls nicht, heißt das dann nicht, dass das System von Ha-Meistern weitergetragen wurden, die das System nie einer sich ständig veränderten Realität angepasst haben?
Ist es wirklich gut, mit einem Messer zur Schießerei zu kommen, nur weil mein Stil schon seit Jahrunderten mit Messern hantieren? Selbst wenn es im Umgang mit Messern wirklich wirklich gut ist?