Zitat Zitat von Julian Braun Beitrag anzeigen
Ich denke das ist auch einfach ein Missverständnis. Wie ich es in einem anderen Thread schon mal geschrieben hatte: Die heutigen CMA-Stile sind ab der 2. Hälfte des 19. Jh. entstanden, fixiert und systematisiert worden. Die hatten da keine militärische Bedeutung, sondern im frühen 20. Jh. ging es vor allem um Körperertüchtigung und ein (vermeintlich) uraltes chinesisches Kulturgut, um den Menschen Selbstachtung zu vermitteln auch gegenüber dem dominierenden Westen. Und auch was den Zweikampf betrifft, dürften sich nur einzelne Persönlichkeiten auf einem beachtenswerten Niveau befunden haben. Handfestigkeit wird da vor allem im Shuaijiao bzw. chinesischen Ringen geherrscht haben, aber etwas dem europäischen Fechten und Boxen vergleichbares gab es denke ich eher nicht. Statt dessen wurde mehr auf Formen, Gesundheitsschulung und auch Spiritualität gesetzt (von Ausnahmen natürlich abgesehen, die gibt und gab es ja immer und überall).
Das mag durchaus sein; andererseits sind die waffenlosen europäischen Stile auch im Wesentlichen im 19. Jh. systematisiert worden (im Fall von Boxen sogar Ende des 18. Jh. entstanden) und wurden häufig erstmal nationalistisch instrumentalisiert. Belegt sind viele davon zwar schon früher, aber sie scheinen zwischen dem ausgehenden 16. und dem ausgehenden 18. Jh. wohl weitestgehend in der Versenkung verschwunden zu sein. Echte militärische Relevanz hatten die in Europa im 19. Jh. auch nicht, allenfalls paramilitärische (beliebigen Slogan der Turnerbewegung hier einfügen). Geändert hat sich diese Sichtweise offenbar erst mit dem Grabenkampf wieder im ersten Weltkrieg und den folgenden Entwicklungen. Fechten war durchaus ein teil der militärischen Ausbildung, aber was der durchschnittliche Soldat in Europa im 19. Jh. diesbezüglich gelernt haben dürfte, war technisch gesehen auch ein ziemliches Minimum.