Kommt halt immer auf die Realität an. :engel_3: In meiner Realität zum Beispiel ist aikidô von allen Kampfkünsten (die ich mir angeschaut habe im Laufe der Jahre) generell diejenige, die - mit Abstand - am allerbesten zu gebrauchen ist. ;)
Druckbare Version
Hast du in der Realität schonmal gesehen, dass es sinnvoll war um seinen gegner erstmal rumzutänzeln, bevor man ihn auf die Bretter schickte?
Hihihi ... erstens ... wenn ich es mit körperlichen Auseinandersetzungen zu tun hatte, war das meistens sehr gradlinig. Und sehr kurz ... maximal zwei Angriffsversuche, soweit ich mich erinnere ... zweitens habe ich ne ganze Weile so Zeugs unterrichtet um Aggressoern in bestimmten Kontexten zu neutralsieren ... das sind häufig etwas längere Siuationen, in denen es auch viel um Kommunikation geht ... wobei die eigentliche Aktion dann auch gradlinig und fix ist.
Was ich aber eigentlich meinte.
In meiner Realität, wie ich sie inzwischen erlebe, geht es nicht mehr darum, zu lernen, wie man Leute verhaut. Das war früher interessant. Sondern darum, zu lernen wie man glücklich und zufrieden lebt. Ich habe inzwischen deutlich mehr Zeit hinter mir, als vor mir. Also geht es auch darum, wie man abschiedlich lebt. Wie man gesund lebt, wie man spirituell lebt ... und dergleichen mehr ... und dafür scheint mir - jedenfalls in meinem Fall - aikidô besser geeignet, als andere KKe, die ich mir angeschaut habe.
Ja, das kannst du ja auch gerne so machen. Da spricht doch gar nichts dagegen? ... wobei "Sekte" hat so ein G'schmäckle ... geh doch in eine religiöses Gemeinschaft ... oder eine sangha zum Beispiel.
Naja, wie dem auch sei. Mein Weg ist halt offenbar ein anderer als deiner. Aber ich wünsche dir ganz aufrichtig, daß du mit Mitte/Ende fünfzig auch nicht mehr jeden Abend Zeit investierst um zu lernen oder zu üben, wie man Leute verhaut.
Bezieht sich diese Frage auf eine Aussage von mir? Ich denke nicht, das so behauptet zu haben. Ich spreche über die Lehrer, bei denen ich bisher geübt habe. Und da habe ich eben in all der Zeit nur eine Ausnahme erlebt ... ich kenne es halt in aller Regel nicht anders, als das der Lehrer rumgeht. Und wirft und auch selber ukemi nimmt.
Aber ich verstehe auch nicht genau, wo du einen Widerspruch siehst?
Ich kenne es von kleineren Lehrgängen und auch aus meinem eigenen Unterricht so, daß der Lehrer von Paar zu Paar geht und dort jeweils 2x2 oder auch 2x4 mit jedem Partner übt, dann zum nächsten Paar geht ... oder bei größeren Lehrgängen, daß sich ein Kreis bildet und der Lehrer dann einmal ringsum mit allen übt.Zitat:
Dass ein Lehrer auf einem Lehrgang herum geht und mit möglichst vielen oder gar allen Schülern bzw. Lehrgangsteilnehmern kurz übt, ist für mich keineswegs selbstverständlich.
... das kommt ganz darauf an ... zum einen auf das äußere Setting: Zu Besuch in einem fremden dôjô würde ich das weder tun noch erwarten. Bei einem Seminar normalerweise genauso wenig. Im täglichen Training ist es dagegen in meinem Übungsumfeld vollkommen üblich - in Abhängigkeit von dem jeweiligen Niveau.Zitat:
Aber eine Frage von mir war ja gerade, ob die im Video gezeigte "Unterrichtsmethode" von Tamura Sensei als Vorbild für das eigene Üben mit Partnern dienen kann, also ob man sich unkooperativ(er) verhalten sollte, also z.B. Atemi andeuten, wenn der Partner den Kopf zu weit nach vorne lehnt (1:10), oder entspannt mitgehen, aber auf eine Kontertechnik lauern (z.B Sokumen-Iriminage gegen Shihonage 2:47), oder den Nage nach unten ziehen, wenn der beim Shihonage die Hände zu weit nach oben und hinten nimmt (1:48). Meine Erfahrung ist, dass so etwas im normalen Unterricht nicht gern gesehen oder bestenfalls toleriert würde.
Und das wird auch erwartet. Sowohl gegenseitig von mir und meinen ÜbungspartnerInnen, als auch von meinem Lehrer an uns Schüler: "Das klappt nur, weil XY so freundlich ist udn es dir so einfach macht ..." An XY gewandt: "Mach es Carsten nicht so leicht!" ...
Meiner Ansicht nach ist das keine Frage von ent- oder weder. Sondern es ist sehr, sehr difficil, erfordert eine hohe Kompetenz, zu wissen, wann man was wie blockieren oder kontern kann. Und zwar so blockieren oder kontern, daß man selber dabei gerade das lernt und übt übt, worum es im Training geht. Also gerade nicht nur einfach sich eingraben oder einen Arm fest machen oder so. Ab einem gewissen Niveau halte ich das sogar für einen zentralen Aspekt des Trainings.
Das klingt - überspitzt formuliert - als ob es da gar keine Scheitern gäbe. Als ob man die Technik immer "irgendwie" durchbringen würde. Wie werden denn bei dieser Art des Übens Fehler deutlich gemacht?Zitat:
Von meiner Lehrern und Übungsleitern kenne ich es so, dass sie, wenn sie herum gehen und individuell mit Schülern üben, sich die zu übende Technik (auch als Uke) zeigen lassen, dann aber den Schüler nicht auflaufen lassen, sondern versuchen ein (dem Level passendes) Erfolgserlebnis zu vermitteln.
@ Pansapiens:
Das war in der Tat auch mein erster Gedanke ...
Naja, gerade bei "Konfrontationen" wo geschlagen und getreten werden darf/kann kommt es halt sehr/mehr auf Distanz und Timing an und das wird unter anderem mit Beinarbeit erreicht- und ist da wichtiger als dort, wo gegrappled wird(nehme jetzt Mal Grappling als Oberbegriff für Sachen, wo in der "Konfrontation" gefasst und manipuliert wird)
Deshalb sollte man seine (falsche?) Aussage in einem anderen Kontext betrachten, als zB das Ali Video
Hm ... ich kenne das schon auch so, daß der Lehrer dabei ukemi nimmt.
Aber stimmt: Bei Endô sensei hat sich das verändert, nachdem jemand ihn in einen der Umsitzenden hineingeworfen hat und er sich dabei den Fuß verletzt hat ... weil der danach nie wieder richtig gut geworden ist und Rollen darum nicht mehr ging ...
Das Besondere an der im Video gezeigten Unterrichtsmethode ist ja nicht, dass Tamura Sensei herum geht, mit Schülern übt und auch Ukemi nimmt (auch wenn das nicht alle, vielleicht nicht einmal die Mehrheit macht), sondern dass es zumindest den Eindruck erweckt, als würde er als Uke fast alle Techniken seiner Schüler (insbesondere der fortgeschrittenen und körperlich fitten) abblocken oder kontern - weil er es eben konnte. Und dass diese Besonderheit offenbar auf seine Schüler abgefärbt hat, wie Inryoku geschrieben und du mit deiner Erfahrung in Wien auch bestätigt hast.
Dem stimme ich auch aus meiner Erfahrung mit Anfängern im Probetraining und weniger Erfahrenen Aikidoka meines Dojos zu, natürlich auf weit niedrigerem Niveau. Jedenfalls musste ich da in den letzten 4 Jahren (vor Corona) einiges lernen und abgewöhnen, insbesondere die Versuchung, sich zum Erklärbär (gegenüber Anfänger:inne:n) aufzuspielen.
Das hängt natürlich auch mit der Frage zusammen, was denn eigentlich das Übungsziel ist. Grundsätzlich versuche ich weniger Erfahrene weder zu langweilen noch zu überfordern, was ich mir umgekehrt auch von meinen fortgeschrittenen Partnern und Lehrern wünsche und in der Regel auch so erfahren habe, sonst würde mir das Üben ja auch keinen Spaß machen.
Wenn die Technik dem oder der Schülerin noch nicht klar ist, dann geht es ja erst mal darum einen Weg zu finden, die Technik zu klären und verlässlich zu wiederholen. Erst wenn das gegeben ist, kann der/die Lehrer:in auf Details eingehen und Fehler verdeutlichen, auch und gerade das Scheitern der aktuellen Technik vor Augen zu führen. Daraus folgte dann aber in aller Regel eine Erklärung und Einübung eines verbesserten Bewegungsablaufs.
Ich selber und die Mehrzahl der regelmäßig im Dojo mit mir Übenden haben keine Jahrzehnte lange Erfahrung und entsprechende Dangrade (bei den Unterrichtseinheiten, die ich regelmäßig besucht hatte - die Übungseinheiten mit vielen Fortgeschrittenen waren mir zu oft zu voll).
Ob es wirklich sowas besonderes war weiß ich nicht.
Ich habe mehrere Leute erlebt die sowas gemacht haben, obwohl Tamura Sensei war vielleicht etwas extremer.
Was abgefärbt hat war řja nicht das können, sondern seine Attitüde, wie die anderer Lehrer eben auch auf deren Schüler abgefärbt haben.
Vielleicht hat ja Ueshiba das auch gemacht (bin sicher der hat es hin und wieder gemacht), und er hat es sich widerum da abgeguckt.