Mir geht es mit der Hikite-Bewegung wie vielen hier: Man macht es, merkt auch, dass es der Grundtechnik dient, aber es ist ein Blödsinn für das Kumite oder die SV, solange man mit Gegenwehr rechnen muss.
Aber ich frage mal andersherum:
Was wird aus dem Kihon, wenn man Einzeltechniken in einer 'strassentauglichen Form' (wasimmer das wäre) übt? Was würde aus Kata?
Das Ganze hätte keinen Stil mehr!
Ich muss bloss an Kickboxer denken, die zu ihren Gürtelprüfungen plötzlich Karate-Kata laufen oder Hebel in der SV machen. Die haben, zumindest bei uns, so komische Prüfungsregeln, dass teilweise Sachen geprüft werden, die gar nichts mit ihrem Training zu tun haben.
Das Karate ist meines Erachtens in bedeutendem Masse eine KampfKUNSTform. Das heisst, Aspekte wirklichen Kämpfens sind ausgewählt und in eine Kunstform gebracht. So wie Kalligraphie eine Kunstform des Buchstabenschreibens ist. Niemand wird einen Roman darin verfassen oder eine Tageszeitung mit Kalligraphie erstellen.
In dieser Kunstform werden Einzeltechniken so gemacht, dass sie für sich optimal sind UND einem ästhetischen Anspruch gerecht werden. Nicht dem von jedem, sondern dem des Begründers und der 'Fans'. Mir gefällt Jazz nicht so, ich kann auch mit gewissen Malereien rein gar nichts anfangen. Deswegen steht es mir aber nicht zu, diesen Kunstformen ihre Berechtigung abzusprechen, weil sie nicht zum Comic taugen. Allerdings machen jene den Fall schwierig, die behaupten, sie täten es.
Natürlich ist Kampf ein Teil des Karate. Aber nicht der Kampf gegen beliebige Gegner. Ich bin in der Hinsicht nicht gut informiert, aber zu den Anfängen des Karate gehört, glaube ich, eher ein Ippon-Kumite aus der absoluten Ruhe. Ohne ständiges Gehampel aus Angst vor dem gegnerischen Angriff oder als Versuch der Annäherung, weil man fürchtet, sonst nicht schnell genug zu sein.
Damit kommen wir wieder zu dem 'im Moment sein': Ich kann keine bestmögliche Technik erreichen, wenn ich mich mit meiner Angst vor dem Konter beschäftige.
Ich frage mich manchmal, ob man sich mit dem Versuch, Karate 'strassentauglich' zu machen, nicht das, was es einem bringen könnte, zerstört. Insbesondere, da für die meisten von uns, ein Ernstfall gar nicht eintreten wird. In diesem Sinne ist doch das, was da mit der Kampfkunst gemacht wird, genau das Gegenteil, was man eigentlich erreichen wollte. Man wollte sich doch seinen Ängsten stellen und sie überwinden und sie nicht noch im Trainingssystem verankern, oder?
Edit: Sorry, der rote Faden fehlt etwas, aber es entspricht in etwa meiner Haltung zur Sache. Da bin ich mir auch nicht so klar. :)