Ich kenne mich mit Messern nicht aus, aber ich habe über zehn Jahre mit langen Klingen hantiert, deswegen lässt mir das Thema keine Ruhe ;-). Ein paar grundsätzliche Überlegungen hierzu ohne viele Fachbegriffe ausgehend von der langen Klinge. Der Laie stellt sich vor etwas wird im Nahkampf abgewehrt. Diese Vorstellung ist etwas trügerisch. In einem Kampf fallen ständig Treffer von beiden Seiten oft fast gleichzeitig. Dies gilt umso mehr, je näher die Kämpfer einander sind. Die Abwehr wird schwieriger, es ist weniger Zeit und es sind ungünstige Winkel mit der Klinge möglich die um die gewohnte Abwehr rumgehen. Die Folge ist das Halten des Abstandes um immer genug Zeit zur Abwehr zu haben und auf seine Chance zu lauern. Fechten wie man es kennt. Geht unbewaffnet gegen bewaffnet nicht, da keine Gegenbedrohung da ist geht der Angreifer einfach so lange nach bis er den Verteidiger gestellt hat. Distanz halten ist keine Option. Später schauen wir uns an, was fechterisch passiert, wenn man die Distanz nicht halten kann. Erst mal ein Einschub zur Abwehr von „Gefuchtel“ oder täuschenden Bewegungen. Der Gegner kommt mit zig Sachen aus der Distanz an, ich kenne mich nicht mehr aus, was die günstigste Reaktion ist. Die normale Standardreaktion ist die gegnerische Klinge mit einer großen kreisenden Bewegung und gleichzeitigem Schritt nach hinten zu erwischen. Irgendwo auf der Kreisbahn berührt sie meine Klinge, die Täuschung ist zerstört. Schauen wir uns in Ruhe den Piperdrill an, dasselbe Prinzip mit dem unbewaffneten Arm:
https://www.youtube.com/watch?v=-0s94_bCp90
Sieht aus wie eine Wischbewegung nach außen vom Körper weg. Gut, der Messerkämpfer kann sich nicht seitlich hinstellen und nutzt den unbewaffneten Arm zur Abwehr. Das Prinzip des kleinsten Übels, einen Treffer hier an äußeren Arm kann man eingehen und bleibt mit der Haupthand aktiv. In einem anderen Piperlink umwickelt einer den Verteidigungsarm mit einer Weste, vielleicht hat man eine Handtasche oder einen Aschenbecher, ein breites Lederband am Handgelenk u.s.w.. Teil eins der Abwehr. Rettet leider nur für einen kurzen Moment, da eine Klinge immer umgehend eine Lücke sucht. Das wird beim Fechten bis zum Exzess geübt, Lücke sehen umgehen, Verteidigung geht nach unten Stich geht nach oben, das Spiel geht nach allen Seiten hin und läuft fast automatisch ab sobald der Druck gespürt wird. Das heißt die „Wischbewegung“ geht in Wirklichkeit nicht einmal sondern zweimal. Damit wird die Umgehung um die Abwehr zerstört. Fechter drehen mitunter sogar drei-, viermal, aber in der Regel ist die Klinge spätesten bei der zweiten Runde rein geschraubt. Wichtig erster Kreis fängt, zweiter Kreis kleiner schnelles Tempo sichert die Bindung. Der Flow beim Drill reicht nicht. soll erst mal ans Grundmuster gewöhnen.
Zweiter wesentlich schwierigerer Teil. Die Struktur. Der ruhige Oberkörper sichert die Technik, kann jeder Zuhause mit einem langen Stecken nachempfinden. Ein wenig den Oberkörper bewegen und der Stecken wackelt wie ein Kuh*******, ein sicherer Stich aus Distanz ist nicht möglich. Also stecken wir die ausweichenden Bewegungen gewöhnlich in die Beinarbeit, die Bewegung ist glatt als würden wir auf Schienen gleiten. Man will das nicht aufgeben, es sei denn in höchster Not, wenn es für alles andere zu spät ist. Kommt es ausnahmsweise zum Nahkampf Körper an Körper gibt man evtl. den festen Oberkörper auf, sticht so oft zu wie möglich und unterstützt ausnahmsweise durch eine Ausweichbewegung des Oberkörpers. Mit langer Klinge Stoß von oben mit Körperdrehung, oder Zurückziehen der Klinge nach hinten. Das zur Drehbewegung, die hoffentlich die Klinge vorbeigleiten lässt. Wie bringt man den Bauch in Sicherheit? Eine Lösung ist Rassemblement. Bauch nach hinten drücken, Schulter nach vorne zum Gegner, Beine zusammengestellt durchstrecken.
Hier am Anfang zu sehen bei den Übungen mit geschlossenen Beinen zu sehen:
https://www.youtube.com/watch?v=-0s94_bCp90
Einmalaktion an und für sich, der Gegenstoß muss treffen, sonst ist das der letzte Hupfer, man kommt schlecht wieder in vernünftige Stellung. Unbewaffnet Bauch weg, ein Schubser und abhauen. Die kleine Frau mit der weißen Hose ab 1:35 macht es eigentlich fechterisch richtig zusammen mit dem kleinen Hüpfer nach hinten, das gibt noch ein paar Zentimeter und sieht man beim Fechten öfter. Uraltes Ding halt jetzt schick auf Englisch. Wird selten geübt beim Fechten ist beim Messer höchstwahrscheinlich wichtiger.
Schwierige Sachen in der Praxis, viel Sinn für Timing hundertprozentig fit und schlank ist Grundvoraussetzung. Paar Gedanken dazu, wenn ich dieses Piper sehe. Es erscheint mir sinnvoller als es auf dem ersten Blick aussieht, aber viele die das trainieren werden selbstverteidigungstechnisch nie was mit bestimmten Übungen anfangen können, rein körperlich und technisch muss man erst mal ein sinnvolles Level erreichen. Dies sind reine theoretische Überlegungen, keine Hinweise darauf, wie man ein Messer abwehren soll. Das ist aus dem Sportbereich, das ist nicht real getestet!





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