Hallo,

(1) Wie geschrieben würde es sich auf die öffentliche Wahrnehmung auswirken, aber zugleich auch die Eigenwahrnehmung nachhaltig prägen. Beides wäre mit den Auswirkungen der Olympiateilnahme vergleichbar. „Positiv“ wäre es vermutlich für die Tourismusindustrie der Präfektur Okinawa (https://www.kampfkunst-board.info/fo...rate-Tourismus) sowie für einige okinawanische Karateka, die an kurzfristigen Maßnahmen wie dieser Karate-Show (https://www.kampfkunst-board.info/fo...82#post3631482) oder Durchgangsverkehr von Karate-Touristen in ihren Dōjō beteiligt sind. Dementsprechend könnte die öffentliche Wahrnehmung dahingehend verändert/geprägt werden, dass „Karate“ etwas für „Aktivurlaub“ ist, das man mal hin und wieder „machen“ könne, oder ein Unterhaltungsprogram, eine Bühnenshow sei. Insbesondere tritt die Käuflichkeit der Aktivität „Karate“ sowie der entsprechenden Vertreter auf eine neue (zusätzliche) Weise in den Vordergrund.

Potentielle Karate-Anfänger könnten das „offizielle“ UNESCO-geprüfte Karate wegen diesem Status als (einzig) legitim missverstehen. Falls sie das Gesehene gut fänden, aber z. B. in meiner Minitruppe aufkreuzten, wäre die Enttäuschung ob der massiven Unterschiede groß und die Erkenntnis da, dass in meiner Minitruppe nichts „Legitimes“ von statten gehen könne. Falls sie das Gesehene schlecht fänden, wäre es nicht abwegig, dass sie (i) „Karate“ ganz verdrängen und infolge dessen (ii) gar nicht auf die Idee kommen könnten, dass es z. B. in meiner Minitruppe eine gänzlich andere Art von Karate geben könnte. Die in diesem Absatz beschriebenen Szenarien sind mit Olympia austauschbar und ich schreibe „meine Minitruppe“ weil ich nicht ungefragt für „andere“ das Wort ergreifen möchte.

Die Eigenwahrnehmung würde vermutlich den Stolz auf die offiziell „legitime“ Karate-Richtung erhöhen. Dies wiederum könnte die Stilpropaganda auf die nächste Stufe erheben. Mehr als einmal bekam ich von hochrangigen Vertretern okinawanischer Karate-Richtungen „verbal“ vermittelt, dass sie aufgrund ihrer unmittelbaren Herkunft (Zauberwort „Okinawa“) besseres Karate ausübten als, nun ja, z. B. Shōtōkan-Vertreter. Ich betone das Wort verbal, weil sie mich persönlich (!) inhaltlich und technisch keineswegs zu überzeugen vermochten. Hinzu käme demgegenüber die Frage, wie toll langjährige, „normale“ Dōjō-Mitglieder in Okinawa selbst, die nicht auf „Publikumsverkehr“ konditioniert sind, eine Verstärkung dieser Situation empfänden.

(2) Andere Karate-Richtungen, die weder etwas mit Olympia noch dem UNESCO-Vorhaben am Hut haben, können auf verschiedene Weise „reagieren“, wenn sie möchten. Echten Einfluss dürften sie jedoch nicht haben, weil sie zu klein und zu verstreut sind. Allerdings spreche ich nicht für „andere“, sondern nur für mich. Ich schaffe Wissen und veröffentliche es, um so vielleicht zumindest ein paar interessierte Laien wie auch Karate-Anhänger zu sensibilisieren und, besser noch, umfassend zu informieren.

Grüße,

Henning Wittwer