
Zitat von
Klaus
Sieht man doch auf den ersten Blick dass dieses Taijiquan total anders ist, viel internerer wa:
Die Meinungen, wie unterschiedlich großer und kleiner Rahmen sind, gehen auseinander.
Der Protagonist aus dem Video hat mal dazu ein einem Interview (->Chen Peishan-Xiaojia, der kleine Rahmen im Chen Stil Taijiquan) etwas angerissen.
Im gleichen Interview geht er auch auf "innere Bewegung" ein, in einer Darstellung, die IMO in dieser Form nicht nur für den kleinen Rahmen gültig ist:
Chen Peishan: Neijin in ein paar wenigen Worten zu erklären ist sehr schwierig. Es sind viele Ausführungen notwendig, nicht nur verbal, vor allem auch praktisch. Von manchen wird neijin als innere Energie bezeichnet, doch ich denke nicht, dass es als Energie bezeichnet werden kann. Es ist vielmehr eine Bewegung.
Lassen sie es mich so erklären: um ein Kraftfahrzeug zum Laufen zu bringen, schiebe ich es normalerweise nicht an, sondern es hat einen Motor und verschiedene Teile wie Getriebe, Kupplung und Antriebswelle. Es ist also viel involviert, um die Kraft vom Motor auf die vier Räder zu übertragen.
Das Zentrum der Bewegung im Taijiquan ist das dantian 丹田 das energetische Zentrum unterhalb des Bauchnabels. Die Körperbewegung wird durch jie 節 entwickelt. Jie bedeutet Segment. So kann man sich vorstellen, dass es viele Segmente im Körper gibt. Die Bewegung eines einzelnen Segments transferiert die Bewegung zum nächsten Segment und dann wieder zum nächsten. Die Bewegung der Segmente wird spiralförmig und mit großer Elastizität übertragen, transformierend vom dantian über die vielen einzelnen Segmente bis zu den äußersten Extremitäten. Diese Bewegung oder transferierende Übertagung kann man als jin bezeichnen. All dies unterscheidet jin natürlich von einer Bewegung, die mit roher Kraft und Spannung ausgeführt wird.
[...]
das vierte Level beinhaltet immer mehr innere und kleinere Kreise; die Segmente vermehren sich bis ins Unendliche. Die Form wirkt für den Beobachter geradliniger, direkter, doch in Wirklichkeit sind die Kreise jetzt nur sehr klein und tiefdringend. In den alten Taijiquan-Texten spricht man hier oft vom Vordringen bis ins Knochenmark.
Je nach eigenen Erfahrungen und Bezugssystemen wird diese Beschreibung natürlich unterschiedlich "verstanden" werden.
Ich persönlich fühle mich an diese Beschreibung erinnert:
Ich habe im TKD einigermaßen Schlagen gelernt, im Sinne von locker schlagen.
Da habe ich aus der Hüfte geschlagen.
d.h. ich habe über die Beinstreckung die Hüfte nach vorne geschoben, die hat den Rumpf mehr oder weniger als Einheit mitgenommen, und damit die Schulter.
Zumindest war das das Bild das ich von der Bewegung hatte.
Die Idee den Rumpf in sich zu bewegen hatte ich nicht.
Durch die Annäherung an TjQ wurde meine Gliederpuppe (die Vorstellung meines Körpers) verfeinert und der Rumpf wird weniger als kompakter Klotz gesehen, sondern eher als starke bewegliche Gefüge.
Wong F., der nach meinem Eindruck aus dem Karate kommt, hat wohl ähnliche Entwicklungserfahrungen gemacht:
Like me. Ich nenne es den Übergang von digitalem zu analogem Bewegen.
Dementsprechend wird die Vorstellung des Körpers verfeinert, die Gliederpuppe erhält mehr Glieder, die Bewegungen mehr (innere) Freiheitsgrade. Eventuell passt dazu das, was kanken mit "Mikrobewegungen" meint.
Aus meiner Sicht eine verbesserte innere (im Sinne von Körperinneres) Ansteuerung des eigenen Körpers und damit verbunden auch ein besseres Verständnis (oder "Gefühl" ) für andere Körper.
Chen Peishan :
Auf dem Gerüst [Bewegung der Basisform] aufbauend lernt man die innere Bewegung (neijin). Man lernt die Prinzipien des jin zu verstehen und wie man es trainiert und benutzt. Wir nennen das dongjin 懂勁 oder dongquan 懂拳. Außerdem lernen wir das jin von einem anderen Körper (z.B. dem Übungspartner) zu verstehen (tingjin 听勁). Es ist also ein Entwicklungsprozess.
Zu der rein körperlichen Ebene kommt dann nach seiner Meinung noch eine "feinstoffliche" Komponente:
Das jin besteht aber nicht nur aus einer physisch übertragenen Segmentbewegung, sondern steht auch in Verbindung mit dem qi 氣 und yi 意, der Vorstellung, und anderen feinstofflichen Elementen. Eine Bewegung, die aus allen diesen physischen und feinstofflichen Ressourcen erzeugt wird, bezeichnet man als jin.
[...]
Die innere Bewegung lässt sich in zwei Arten unterteilen. Auf der einen Seite steht die eigentliche physische Bewegung wie z.B. die Bewegung der Schulter und Hüftgelenke.
Auf der anderen Seite steht die feinstoffliche Bewegung (qi), kontrolliert durch das yi. Die Organfunktion [15] kann durch den Fluss des qi in den Leitbahnen (jingluo 經絡) [16] beeinflusst werden.
Das Zusammenspiel von yi, ji, jingluo, den Organen und deren Verbindung stellt somit die andere Art der inneren Bewegung dar.
(Da werden die selbsternannten Verteidiger der abendländischen Wissenschaften vielleicht wieder getriggert werden, ich lass das einfach mal so stehen....)
IMA als politischer Begriff wurde hier ja ausführlich diskutiert.
Hier haben wir aber zumindest eine Aussage bezüglich "neijin" im Sinne von innerer Bewegung als Qualitätsanspruch an Chenshi:
Wirkliches Taijiquan sollte innere Bewegung (neijin) besitzen. Tut es dies nicht, ist es nicht wirklich Taijiquan, sondern etwas anderes wie z.B. irgendeine Sportart oder Gymnastikform.
Eventuell kann ja Julian Braun, der wohl in dieser Lehrlinie steht, meine Interpretation korrigieren oder die Zitate näher erläutern.