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Der Stoff, aus dem die Muskeln sind
Morgens Eier, abends Steak und zwischendurch viel Quark und einen Shake: Viel Protein soll muskulös und gesund machen. Aber wie viel kann der Körper wirklich verarbeiten?
Von Nora Burgard-Arp
"Anzuraten ist, nicht alle Proteine auf einmal zu sich zu nehmen, sondern sie auf mehrere proteinreiche Mahlzeiten über den Tag zu verteilen", sagt Anja Carlsohn, Professorin für Ernährungswissenschaft an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Andernfalls überlaste man seinen Verdauungstrakt, wenn man eine große Eiweißmenge auf einmal esse. Der Darm schaffe es dann nicht, alle Proteine aufzunehmen. Ein Nebenprodukt: Blähungen. ...
... wer viel Sport, auch
Kraftsport macht, der braucht mehr Proteine, mehr Bausteine also für Muskeln, Knochen und für den Stoffwechsel als jemand, der sich nur moderat bewegt. So steht es in den Empfehlungen der Internationalen Gesellschaft für Sporternährung: Wer täglich mehrere Stunden Sport macht, hat einen doppelt so hohen Bedarf wie eine Normalperson – also bis zu 1,6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht, und er braucht diese Menge auch, um explizit Muskeln aufzubauen, wie Studien zeigen. "In der Sporternährung empfehlen wir
maximal zwei Gramm Proteine pro Kilogramm Körpergewicht", sagt Anja Carlsohn, die auch Sprecherin der Arbeitsgruppe Sporternährung der DGE ist.
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Für höhere Werte gibt es keine wissenschaftliche Grundlage. So fanden Forschende heraus, dass es bei Kraftsportlern keinen Unterschied mehr macht, ob sie 1,69 Gramm Protein pro Körpergewicht zu sich nahmen oder mehr als zwei Gramm pro Körpergewicht.
Und wie sieht es aus mit der immer noch kursierenden Aussage, dass man, wenn man den Muskelaufbau fördern will, unmittelbar nach dem Training Eiweiß zu sich nehmen sollte, zum Beispiel in Form eines Shakes, wie er in vielen Fitnessstudios angeboten wird?
"Lange Zeit hat man tatsächlich gedacht, dass die Eiweißzufuhr relativ zeitnah zum Training stattfinden muss – dass es ein sogenanntes anaboles Fenster gibt, das man ausnutzen muss", sagt Carlsohn. In dieser Zeit, also während dieses Fensters, muss angeblich die Eiweißzufuhr geschehen, sonst war das Training umsonst. "Wir haben aber locker 24 Stunden Zeit, in der die Muskelproteinsynthese, also die Neubildung von Proteinen in den Muskelzellen, nach dem Training noch erhöht ist. Das heißt, man kann in aller Ruhe nach dem Fitnessstudio duschen und dann am Abend und am nächsten Morgen vollständige, komplexe Mahlzeiten mit verschiedenen Proteinquellen zu sich nehmen", sagt die Ernährungswissenschaftlerin. ...
Abends nach dem Training 400 Gramm Hähnchen und fünf Eier zu essen, ist also für die meisten Menschen genauso wenig nötig, wie einen mit Proteinen angereicherten Shake gleich noch an der Gym-Bar zu trinken.
Laut der DGE brauchen Hobbysportlerinnen und -sportler die Proteinzufuhr übrigens nicht zu erhöhen, um ihren Bedarf zu decken. So sei die empfohlene Menge auch dann noch ausreichend, wenn jemand bis zu vier- oder fünfmal pro Woche eine halbe Stunde trainiert. ...