Ja, aber ein Urteil enthält eben mehr, als im Leitsatz festgehalten. Ein Bisschen relevant ist der Einwand, es gehe im Kern um die Rechtswirkung solcher Hinweisschilder insoweit, als dass in dem Fall (und in dem zuvor von mir zitierten) nicht durchsucht wurde, in meinem zitierten Fall nur Hausverbpt aufgrund der Weigerung erteilt wurde, die Tasche zu öffnen. Daher wird nur allgemeines zur Durchsuchungsberechtigung gesagt und nicht en detail darauf eingegangen. Ich kann mir vorstellen, dass der BGH tendenziell vermeiden wird, allzu große Befugnisse privater Sicherheitsleute anzuerkennen und bei durchgeführter, irriger Durchsuchung trotz Verdachts auf die eine oder andere Weise begründen wird, dass die Polizei abzuwarten ist, wenn der vermeindliche Dieb darauf zu warten bereit ist.
Zwar erlaubt das BGB im Wege der Besitzwehr- und -kehr vieles und fordert grundsätzlich auch keine Verhältnismäßigkeit. Aber im Wege der Erforderlichkeitsprüfung und dem Verbot rechtsmissbräuchlichen Vorgehens wird sich sicher begründen lassen, warum auf die Polizei zu warten ist, wenn nicht gerade die Wegnahme direkt beobachtet wurde. Aber das ist nur mein Judiz, ich kenne kein einschlägiges Urteil.
Ja, einigermaßen. Aber es ist schwierig das juristisch dogmatisch festzumachen. Es muss Grundsätze geben, die das rechtsicher regeln. Jemanden festzuhalten, der nichts getan hat, ist nicht gerechtfertigt und kann nur nach Irrtumslehre behandelt werden. Die läßt dann zwar eine Strafbarkeit wegen des Festhaltens entfallen, beinhaltet aber das Recht, sich dagegen zu wehren und kann Schadensersatzansprüche begründen. Insoweit kann man also sagen, man darf eben nicht festhalten, nur weil sich jemand weigert da zu bleiben, wenn er nichts getan hat. Nun ist das aber aus der ex ante Perspektive nicht so einfach, bei gut begründetem Verdacht mag man es wie du für unbillig halten, den Delinquenten einfach ziehen lassen zu müssen. So sah es aber das OLG Hamm:Jo, in meinem "Nicht-Juristen-Deutsch" des 3. Satzes kommt das doch dem von Dir genannten Auszug gleich, oder irre ich mich?
"Weder der Angeklagte noch sein Beifahrer waren „auf frischer Tat” betroffen worden. Dieser Begriff erfordert, daß eine Straftat - wenigstens nach den objektiven Merkmalen - tatsächlich begangen oder versucht worden ist. Die Festnahme durch „jedermann” muß sich also gegen den wirklichen Täter richten (so Maurach, Strafrecht, Allg. Teil, 3. Aufl., § 29 II, 1). Voraussetzung ist eine wirkliche Tatbegehung; bloßer Tatverdacht, mag er noch so dringend sein, genügt nicht (so Eb. Schmidt, Lehrkommentar, Nachträge und Ergänzungen zu Teil II, 1967, § 127 Anm. 8 und Anm. 21). Zwar gibt es in der Literatur zu dieser Frage keine einheitliche Auffassung. Müller-Sax in KMR, 6. Aufl., § 127 Anm. 1 a (1) und Dünnebier in Löwe-Rosenberg, 22. Aufl., § 127 Anm. II, 1 lassen „dringenden Tatverdacht” genügen, wobei allerdings - so Dünnebier, aaO - alle außerhalb der sichtbaren Tat denkbaren Indizien außer Betracht bleiben müssen. Noch geringere Anforderungen an die Rechtfertigung der vorläufigen Festnahme stellt Finck in GoltdA 71, 41 ff. Nach dessen Meinung soll die Festnahme schon dann gerechtfertigt sein, wenn der Festnehmende auf Grund nachprüfbarer Tatsachen überzeugt ist, daß er den Festgenommenen auf frischer Tat betraf. Dieser Meinung scheint sich Kleinknecht in StPO, 30. Aufl., § 127 Anm. 4 anschließen zu wollen.
Der Senat teilt die Auffassung, von Maurach und Eb. Schmidt, aaO Maßnahmen nach § 127 Abs. 1 StPO durch „jedermann” sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie sich gegen den wirklichen Täter richten. Dafür spricht nicht nur der Wortlaut des Gesetzes „auf frischer Tat betroffen”; auch den Interessen des Unschuldigen gebührt der unbedingte Vorrang vor dem rechtspolitischen Ziel der Vorschrift. Die Tatsache, daß dem menschlichen Erkennungsvermögen Grenzen gesetzt und Irrtümer stets möglich sind, darf nicht zu Lasten des Festzunehmenden gehen. Der Unschuldige muß das Recht behalten, sich gegen die Festnahme durch die einem Irrtum erlegene Privatperson zur Wehr zu setzen." (OLG Hamm, Urteil vom 1. 8. 1972 - 3 Ss 224/72)
Sven hat oben schon ein Urteil des BGH zitiert, wobei für "auf frischer Tat" der gut begründete Verdacht genügt, Sokolo spricht von dringendem Tatverdacht. Dazu gibts viele Aufsätze (zB Kargl, NStZ 2000, 8). Im Ergebnis wird es aber auf den dringenden Tatverdacht hinauslaufen. Wenn also ein so qualifizierter Verdacht vorliegt, wird eine Festnahme zulässig sein. Aus den genannten Konsequenzen im Ergebnis unbegründeter Durchsuchungen und Verdächtigungen, wartet man aber besser auf die Polizei (mit dem ggf. festgesetzten Kunden). Denn zumindest ich bin mir unsicher, ob man diese Interpretation der "frischen Tat" auf das Vorliegen der verbotenen Eigenmacht, erforderlich für die Besitzkehr und die darauf gestützte Durchsuchung übertragen kann. Ich würde sagen, dass das nicht geht, denn die Besitzkehr ist ein viel schärferes Schwert, als die Festnahme nach 127 StPO, die dem Verhältnismäßigkeitserfordernis unterliegt.
Demnach wäre mein Fazit: Bei qualifiziertem Verdacht ist Festhalten nach 127 StPO zulässig und gerechtfertigt. Durchsuchen jedoch nur, wenn die verbotene Eigenmacht sicher feststeht. Irrtümliches Durchsuchen mag entschuldigt sein, kann dann aber Folgeansprüche auslösen und vorallem Notwehr begründen.






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