Oder beide kämpfen rein mental und sitzend gegeneinander![]()
Danke für die Literaturhinweise und die Hinweise auf die beiden Filme "Erleuchtung garantiert": "Zen for nothing", die ich mir vielleicht am Wochenende anschauen kann. Ich muss gestehen, dass ich mich für die Hintergründe des "Sitzens" noch nicht so interessiert habe, es spricht aber vieles dafür, dass die von mir erlebte Praxis aus dem Soto-Zen kommt. In dem Zusammenhang bin ich noch auf den Begriff Shikantaza (jap. 只管打坐) gestoßen, was lt. Wikipedia übersetzt "einfach nur sitzen" heißt. Vielleicht ein passenderer Begriff dafür?
Allerdings kann ich bald nicht mehr nachvollziehen, was das noch mit dem Thema dieses Threads zu tun hat, zumal in früheren Diskussionen immer wieder betont wurde, dass O'Sensei kein Zen praktizierte und damit auch nicht gelehrt hat. Daher klingt die Meinung von Inryoku für mich plausibel: Zazen und Aikido mögen sich gut ergänzen, aber Zazen ist kein Teil des Aikido-Unterrichts.
Vielleicht kann das Üben von Aikido oder das Vorbild der Aikido-Lehrer dazu anregen, einen spirituellen Weg zu begehen.
Für mich wäre Gozo Shioda ein Beispiel, der ja offenbar Aikido auf höchster Ebene verkörpert hatte. In seinem Buch "Aikido Shugyo" sagte er von sich, dass er "kompletter Atheist" und ihm die religiösen Aspekte von Aikido "völlig gleichgültig" waren, und auch, dass Ueshiba niemanden (seiner Schüler) seinen Glauben aufzwang.*
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*) Gozo Shioda. Aikido Shugyo, Abschnitt "Der Körper ist ein Tempel der Götter", pg. 194-195.
Naja, auch das ist ja ein Begriff, der ein Sitzen in einem buddhistischen, insbesonder zen-buddhistischen Kontext bezeichnet. Für jemand, der zen übt, mag dieser Begriff das bezeichnen, was ihr dort übt. Das mag dein Lehrer sagen. Aber jemand, der kein zen übt, sitzt eben einfach in Stille. Nicht mehr ... aber eben auch nicht weniger.
zazen, shikantaza ... sind und bleiben immer Begriffe, die das Üben auf einen bestimmten spirituellen Kontext beziehen. In den Jahren, in denen ich so geübt habe, haben sie für mich gestimmt. Seit ich kein zen mehr übe, sitze ich eben einfach vor dem Training in seiza. Just this.
Ich glaube, dieser Strang hatte sich daraus entwickelt, daß ich irgendwann mal zen als ein Beispiel genannt hatte, für Aspekte, die von Außen in das aikidô eingetragen wurden oder werden ohne "original" dazu zu gehören. Und zen ist eben ganz ausdrücklich nicht mit aikidô verbunden.Allerdings kann ich bald nicht mehr nachvollziehen, was das noch mit dem Thema dieses Threads zu tun hat, zumal in früheren Diskussionen immer wieder betont wurde, dass O'Sensei kein Zen praktizierte und damit auch nicht gelehrt hat. Daher klingt die Meinung von Inryoku für mich plausibel: Zazen und Aikido mögen sich gut ergänzen, aber Zazen ist kein Teil des Aikido-Unterrichts.
Ich ganz persönlich denke inzwischen auch, daß zen und aikidô nicht besonders gut zusammen passen. Mir scheint, daß diejenigen, die diese Verbindung zu kultivieren versuchen, zum einen den Aspekt der Reaktivität des aikidô in den Vordergrund stellen. Gleichzeitig und im Zusammenhang damit gerät ihnen aus dem Blick, daß aikidô auch attakierende Aspekte hat.
Für Ueshiba osensei war aikidô ganz ausdrücklich in erster Linie ein spiritueller Weg. Und zwar von Anfang an. Er hat Takeda sensei und Deguchi sensei nahezu gleichzeitig kennengelernt und beides in sich integriert. Zumal die Erfahrung des Todes seines Vaters und die damit verbundene biographische Krise ebenfalls in diese Zeit fällt.Vielleicht kann das Üben von Aikido oder das Vorbild der Aikido-Lehrer dazu anregen, einen spirituellen Weg zu begehen.
Ebenso wahr ist, daß er diesen spirituellen Weg nicht systematisiert hat und nicht unterrichtet hat. André Nocquet (der meiner aikidô-Biographie näher ist, als Shioda sensei) hat ja ganz ausdrücklich nach diesem spirituellen Aspekt gesucht. Er hat von Ueshiba osensei sinngemäß gesagt bekommen, daß aikidô kein spezifisches religöses System sei oder bräuchte ... und Nocquet war enttäuscht ... und dann hat ihm Ueshiba osensei chinkon kishin "beigebrachth", hat ihn in der Etitette des aiki jinja unterwiesen ... und so weiter ...
Ist es aikidô auf höchster Ebene, wenn der spirituelle Aspekt fehlt?Für mich wäre Gozo Shioda ein Beispiel, der ja offenbar Aikido auf höchster Ebene verkörpert hatte.
Während mir die körperlichen, technischen Aspekte des aikidô von Shioda sensei sehr nahe sind, ist er mir ganz persönlich als Lehrer viel weiter entfernt, als z.B. Hikitsuchi sensei. Obwohl mir dessen technische Ausführung des aikidô ganz fern liegt ...
Was meint denn "Tempel der Götter"? (Ein Satz, der sich übrigens auch in der Bibel findet. Zumal wenn man dabei nicht griechische Götter denkt, sondern an kami ... .) Was bedeutet es, daß die Götter in unserem Körper wohnen? Und was heißt es, daß Shioda inzwischen viele Situationen erlebt habe, die ihn nun verstehen lassen, was er in seiner Jugend für dummes Geschwätz gehalten habe?In seinem Buch "Aikido Shugyo" sagte er von sich, dass er "kompletter Atheist" und ihm die religiösen Aspekte von Aikido "völlig gleichgültig" waren, und auch, dass Ueshiba niemanden (seiner Schüler) seinen Glauben aufzwang.*
*) Gozo Shioda. Aikido Shugyo, Abschnitt "Der Körper ist ein Tempel der Götter", pg. 194-195.
Dazu muss man eigentlich sagen, dass die Beschäftigung mit "Aiki" immer spirituelle Aspekte enthält, denn jemand der sich nicht intensiv mental damit auseinandersetzt, lernt kein Aiki.
Sokaku Takeda, der ja allgemein nicht mit dem Begriff "spirtuell" in Verbindung gebracht wird, hat in dieser Hinsicht mehr "drauf gehabt" als man allgemein annimmt, er sollte ja ursprünglich Shinto-Priester werden, unterzog sich esoterischen Studien im Tendai-Buddhismus (die andere Schule des "Mikkyo"), und hatte auch später immer Kontakt zu seinem Lehrer Hoshina Chikanori, der ja Shinto-Priester war.
Seine Aussage: Die wesentlichen Prinzipien des Daito Ryu seien Harmonie und Liebe, ist von Tokimune Takeda überliefert.
Auch Sagawa Yukioshi, der immer betont hat, Daito Ryu sei im wesentlichen anwendbare Kampfkunst für den echten Kampf, und er sei in keinster Weise spirituell, hatte in seinem Dojo Kalligraphien mit Aussprüchen, die mit Leichtigkeit von Ueshiba hätten stammen können.
Ueshiba selbst verglich die "spirtuelle Kampfkunst der Vergangenheit" mit seinem Takemusu Aiki. Beide sind spirituell, aber die alte Spiritualität bezog sich auf physische Techniken, während Takemusu die geistige Seite repräsentiert. Ein seltsamer Wiederspruch, aber er benutzte dafür die auch das Gegensatzpaar der Hun -魂- und der Po-Seele -魄.
Mit anderen Worten, Aiki ist immer spirtuell, aber es kann sich unterschiedlich ausdrücken, Yin (körperlich) oder Yang (mental, spirituell). Also zwei Seiten der gleichen Medaille, und deshalb untrennbar verbunden.
Takeda mochte Deguchi nicht, und umgekehrt, aber das heißt nicht das beide das Gegensatzpaar bildeten als das sie oft dargestellt werden, der blutbefleckte Krieger der die alte Zeit des Kämpfens und Tötens repräsentierte, und der weise Meister, der Ueshiba den rechten Pfad in Richtung Erleuchtung und Frieden wies.
Deguchi war kein Engel, und Takeda war kein Teufel.
Ich meine, wie in jedem anderen budô kann man auch mit den Techniken des aikidô einen passiven Gegner angreifen. Wie die Techniken jedes anderen budô zielen auch die Techniken des aikidô darauf ab, dem Gegner nachhaltigen körperliche Schaden zuzufügen, maximal ihn zu töten. Wie jedes andere budô befasst sich auch aikidô nicht nur mit der Reaktion auf physische und psychische Gewalt, sondern es lehrt auch, solche Gewalt auszuüben. - Wie geeignet dieses budô für alle diese Dinge ist, ist ja noch einmal ein anderer Aspekt, der für viele user hier ja bereits beantwortet ist. ;-)
Und das Üben von aikidô lehrt, wie andere budô auch, den Umgang mit all diesen Aspekten. Also die Integration dieser Aspekte in die eigene Persönlichkeit und Entwicklung. Anstelle der Verleugnung, Verdrängung, Abspaltung dieser Themen.
Eigentlich. Ursprünglich. ...
Nun ist ja offenkundig, daß diese Themen im Laufe der historischen Entwicklung des aikidô durch die Entscheidungen der auf Ueshiba Morihei folgenden sôke bzw. dôshu schon immer mehr in den Hintergrund getreten sind. Das geschah aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Es ist meine Beobachtung, bzw. mein Erfahrung, daß bei Übenden, die aikidô und zen miteinander verbinden, diese Tendenz deutlich verstärkt ist. Und zwar vor allem bei solchen Übenden, die eher "ein westliches Modell von zen" üben.
Geändert von carstenm (12-12-2020 um 10:26 Uhr)
Meiner Beobachtung nach wird da aber auch eine historische Verbindung von Kampfkunst und Zen immer stark betont, oder zumindest behauptet, und auch Ueshiba
wird dann entsprechend interpretiert.
Aber wo denn Zen eine Philosphie der Reaktivität vertritt, ist mir auch nicht ganz klar.
Gerade Takuan Soho, auf den man sich ja gerne beruft, wird ja vorgeworfen den Missbrauch des Zen für Kriegszwcke ermöglicht zu haben.
Kleine Anmerkung, nur der Vollständigkeit halber – und weil ich den Eindruck habe, dass gerade Du extrem viel Wert darauf legst, möglichst exakte Aussagen zu treffen (Hervorhebung im Zitat von mir):
Shorinjikempo, das explizit und anerkannt (Gendai) Budo ist, hält das ausdrücklich anders. Bei uns ist eines der sechs Grundprinzipien Fusatsu katsujin (不殺活人) – unsere Techniken sollen bewusst nicht töten oder (schwer) verletzen.
Das kann man aber vermutlich problemlos als die Ausnahme, die die Regel bestätigt, einordnen …
Jan Lipsius, Shorinjikempo Berlin e. V., 少林寺拳法
"An eye for an eye only ends up making the whole world blind." Gandhi
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